Sie trägt einen knappen Bikini, der nach Poolparty aussieht und nichts der Phantasie überlässt. Ihr jungfräuliches Shortboard hat weder Dings noch Dellen, genauso wie sie selbst. Neckisch lachend dreht sie sich, bis das sonnenblonde Haar fliegt… Hallo, Klischee vom Surfer Girl! So wie Alana Blanchard & Co. es präsentieren. Sie können extrem gut surfen, doch sehen wollen Sponsoren und Werbepartner nur die pralle Kehrseite. In einem viralen Bannbrief namens „F*ck you Billabong“ wurde angeprangert, dass weibliche Surfer nur in sexy Posen abgelichtet sind, die Männer hingegen bei krassen Surf Moves. Und dass die WSL ihren Spitzensportlerinnen nur einen Bruchteil von dem bezahlt, was die Männer bekommen – und sie bei schlechteren Bedingungen ins Wasser schickt – ist ebenfalls bekannt.
Du denkst: Was geht mich das an? Schau dich um! Das Klischee vom Surfer Girl – schwimmend in einer ekligen Sexismussuppe – ist allgegenwärtig. Es lacht dich in der Werbung und im Surfmagazin an. Zeigt sich im Verhalten von Surflehrern, die weibliche Kundschaft etwas zu intensiv betreuen. Im Line Up, wenn am liebsten Mädels gedropped werden. Oder beim Roadtrip, wenn Männer dem „Surfer Girl“ zeigen wollen, wie man ihre Karre richtig fährt. Diese Beispiele stammen aus einer Umfrage mit Surferinnen, die ich nach eigenen Erlebnissen startete. In diesem Beitrag will ich keine Feminismus-Debatte führen. Aber zeigen, dass Sexismus – also Stereotypen, Verhaltensweisen und Vorurteile allein aufgrund des Geschlechts – beim Surfen durchaus ein Thema sind.
1. Wenn der Kasper kommt: Das Surfer Girl und die Klischee-Kiste
Ein Griff in die Spielzeugkiste: Für die Mädchen gibt’s Puppen und Teddys, für die Jungs Autos und Technik. Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass Erziehung oft nicht geschlechtsneutral, sondern von Stereotypen geleitet ist. Dabei würde ER vielleicht gern mit Barbie und SIE mit Bauklötzen spielen – Kinder wissen selbst am besten, was ihnen guttut. Aber sexistische Rollenbilder führen dazu, dass sie sich selbst und anderen nur bestimmte Dinge zutrauen, bis ins Erwachsenenalter. Stichwort Männer- und Frauendomänen im Beruf: Wer davon abweicht, wird schnell abgestempelt. Der männliche Stylist? Sicher schwul. Die Ingenieurin? Mannweib! Auch in der Freizeit denken wir nicht immer fortschrittlich. Beispiel Surfen: Hier treffen Frauen manchmal auf Kasper mit einer Marionettenkiste an Klischees.
1.1 Das nörgelnde Anhängsel: Er surft, sie sonnt sich
Das Internet kann einem den Tag versauen. Auf Facebook kommt mir bei Artikeln wie „The Gentleman’s Guide to Bringing Your Girlfriend on a Surftrip“ das große Kotzen. Man(n) richte sich nur an Typen, deren „Missus“ so gar nicht surfbegeistert sei – das wird eingangs gönnerhaft klargestellt.
Die Lösung seien z.B. die Malediven als Reiseziel, wo er sich in Barrels und sie in den Pool oder in Drinks stürzen kann. Der wertvollste Ratschlag: „The decision to leave a girl in bed for waves is considerably easier in tropical climates. If you’re going to take her abroad, find a good destination and hope she likes Yoga, reading and cocktails with umbrellas.“ Ahhh ja. Im diesem Weltbild ist ein Surfer Girl nichts anderes als das Girl von einem Surfer. Wellenreiten überlässt das Beach Babe ihrem Mann. Dann bleibt mehr Zeit für Bräunen und stimmungsaufhellende Cocktails!
Es sind gar nicht mal diese Bullshit-Aussagen, die mich wütend machen. Sondern die Annahme, dass es bei Paaren oder Freunden automatisch SIE sein wird, die mit Surfen nix am Hut hat. Liebes STAB-Mag: Schreibt doch einfach über Reiseziele, die zum Surfen und Entspannen geeignet sind – und lasst den Gender-Schwachsinn weg.
Noch schlimmer ist eigentlich nur, die Formel „Mann surft, Frau nervt“ in Toiletten-Häuschen-Logik darzustellen, so wie es auf der Facebook-Seite von We are Surfers zu sehen war. Das trieb Surferinnen auf die Palme, die ihrem Ärger in einer Flut an Kommentaren Luft machten. Doch selbst wenn ein „Surfer Girl“ tatsächlich beim Sport „erwischt“ wird – es heißt noch lange nicht, dass man(n) sie ernstnimmt.
1.2 Kook Bitch: Wenn sie als ewige Anfängerin gesehen wird
Viele Frauen schrieben mir, von Männern immer das Anfängerbrett und doofe Tipps zu bekommen – egal wie lange sie schon surfen. Sind wir zu einem Dasein als „Kook Bitch“ verdammt? Nachdem man ihr diesen Begriff hinterherschrie, lachte eine Amerikanerin nur laut und benannte ihren Surf Blog danach. Kooks (Anfänger) sind anfangs alle, und wird eine selbstbewusste Frau als „Bitch“ bezeichnet, dann zeugt das von der Unsicherheit des Gegenübers.
Hier Baby, dein Anfängerboard
Lange breite Soft Top Boards, mit ihrem stoßfreundlichen Schaumbezug „Foamies“ genannt, sind super zum Surfen lernen. Selbst Fortgeschrittene können darauf lustige Sessions haben, steigen aber irgendwann auf wendigere Mini Malibus oder Shortboards um. Manchen Frauen wird die Entscheidung beim Surfboard Leihen oder Kaufen aber ungefragt abgenommen:
Ich bin Intermediate und surfe seit 6 Jahren. Letztens war ich mit meinem Freund (Anfänger) in Indonesien. Von unserem Guide bekam ich ungefragt ein riesiges Anfängerboard. Mein Freund durfte seins aussuchen. Meine Einwände wurden gekonnt ignoriert. Ob es an der Sprachbarriere lag? Als mein Freund einschritt, klappte es plötzlich mit der Verständigung und ich bekam ein anderes Brett. Der Guide war auf dem Sprung ins Wasser, als mein Freund erneut betonte, als Anfänger eine Einweisung zu brauchen. Ob der Guide jetzt verstanden hatte, wer hier wer war? Dachten wir, aber nicht lange. Ich surfte allein meine Wellen. Doch der Guide gab mir den Unterricht, den eigentlich mein Freund gebraucht hätte. (Hannah)
Mich erreichten viele ähnliche Geschichten: Ein „Surfer Girl“ bekommt, ohne dass man(n) ihr Surflevel kennt, beim Verleih ein Foamie oder uraltes bis kaputtes Material verpasst, denn „für dich geht das völlig klar.“ Am Strand von Hinz & Kunz gesagt, ihr eigenes Brett sei zu klein für sie. Ein Mädchen berichte sogar, von einem Surfshopbesitzer bei der Materialeinweisung begrabscht worden zu sein. Dann wird’s Zeit, die „Bitch“ rauszulassen. Denn Machos haben einen doofen Spruch und ausnahmsweise einen Blick auf unsere Kehrseite verdient: Beim umdrehen und gehen.
Kleines, ich zeig dir mal wie es richtig geht
Selbst wenn Frau an ihr Brett kommt, hagelt es nicht selten unnötige Ratschläge. So wie Isa, die selbst in einem Surfcamp in Frankreich arbeitet, erfahren musste:
Ein Gast (Beginner) wollte mir erklären, wie ich ins Line Up paddle. Hmm… danke? Damals surfte ich seit 4 Jahren. Im Wasser merkte ich, dass mein Board stockt. Ich drehe mich um. Der Typ stand da und hielt mich fest! Er dachte, ich kann die Balance nicht halten und wollte mich schieben. Bescheuert und sinnlos. Ich erklärte, dass das unnötig sei und bin rausgepaddelt. Während der ganzen Session musste ich mir von ihm anhören, wie ich surfen soll und welche Welle gut sei… (Isa)
Solche (vielleicht) wohlgemeinte Hilfsbereitschaft nach dem Motto „Ich Tarzan, Du Jane“ ist völlig unnötig, wenn man unsere Skills gar nicht kennt. Wenn wir Unterstützung brauchen, fragen wir schon danach: Einen Coach, Freunde oder nette Menschen. Das kann Jane nämlich auch gut.
1.3 Weak Women? Die biologische Verschwörung
Bist du auch schon einmal auf Verfechter der Theorie gestoßen, dass Männer von Natur aus die besseren Surfer seien? Und man das selbst auf Profi-Ebene nachvollziehen könne? Ihr Hauptargument ist die angeblich überlegene männliche Physis. Frauen ermüden bei hoher Belastung langsamer und regenerieren sich schneller. Doch tatsächlich führt das Sexualhormon Testosteron bei Männern zu einem deutlich stärkeren Muskelaufbau und wirkt wie natürliches Doping, da es die Produktion roter Blutkörperchen und damit von Hämoglobin antreibt. Dadurch haben sie einen höheren Blutsauerstoffgehalt, mehr Kraft und erzielen z.B. beim Gewichtheben größere Spitzenwerte.
Doch das macht Männer nicht zu überlegenen Sportlern. Sie surfen nicht besser, sondern einfach anders als Frauen. Deshalb plädierte Keala Kenelly – obwohl sie im Big Wave Surfen gegen Männer gewann – für die Geschlechtertrennung bei Contests. Weil Männer biologische Vorteile haben, schneller paddeln und leichter Wellen erwischen. Im folgenden TED-Talk erklärt sie, wie ein eiserner Wille und gängige „Surfer Girl Vorurteile“ sie trotzdem ganz nach oben gebracht haben.
Die Leistungen einer Stephanie Gilmore, Tyler Wright oder Tati Weston-Webb sind also nicht minder beeindruckend als die ihrer männlichen Kollegen. Und es gibt keinen Grund, Surferinnen zu unterschätzen – denn eine Frau mit Ahnung und Biss fährt den Typen trotzdem davon:
Beim surfen saßen um mich herum drei Deutsche. Mit meinem Longboard war ich weiter draußen und habe einige Wellen erwischt. Nichtsahnend, dass ich auch Deutsch spreche, sagt doch einer: „Lasst uns die Muschi mal blocken, die bekommt zu viele Wellen.“ Ich bin einfach mit der nächsten Welle an ihm vorbeigezogen und hab gesagt: „Das Blocken habt ihr wohl auch nicht drauf…“ (Nina)
Diese Situation hätte ich zu gern gesehen und gefeiert! So viel Selbstbewusstsein braucht man vor allem in Ländern, in denen ein „Surfer Girl“ generell nicht gern gesehen wird.
1.4 Surfspots, an denen „No Girls Allowed“ gilt
In Ländern mit patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen werden weder Gleichstellung noch Wassersportlerinnen gefördert. In Indien wagte sich Ishita Malaviya als erste Surferin überhaupt ins Meer. Anfangs schauten die Fischer noch erschrocken, heute ist Ishita ein Idol und führt ihre eigene Surfschule. Wandel ist mit einem langen Atem also selbst in extremen Umfeldern möglich. Umso erschreckender ist, wenn Surferinnen in fortschrittlichen Gegenden nicht gern gesehen sind. Und ich rede nicht vom kokettierenden Surfer Girl, sondern von Frauen, die im Wasser rocken.
Ein extremes Beispiel ist Australien, mit einer Testosteron-Kultur, die sich gewaschen hat. Am Pass in Byron Bay bekam ich den Zorn eines älteren Locals – und sein Longboard – zu spüren. Weil ich es mir erlaubte, auf „seiner“ Outside zu surfen. Zur bluttriefenden Wunde sagte er nur, dass mir das ganz recht geschähe. Das Schlimmste waren nicht die Stiche, Knorpelrisse oder das Surfverbot. Sondern die Erkenntnis, was es für Arschlöcher gibt. Von anderen australischen Surferinnen habe ich Ähnliches gehört. In Kanada traf ich eine, die wegen solcher Machtspielchen auswanderte:
I'd rather surf in really cold water, wearing a thick wetsuit, than coping with the macho shit in Australia. The Canadian surfing scene is way friendlier. (Erin)
Die Flucht nach vorn, hin zu anderen Surf Spots, kann eine Lösung sein. Eine andere Option ist es, Eier(stöcke) zu zeigen und sich gegen „Babos im Line Up“ zu behaupten – was als sehr gute Surferin natürlich deutlich leichter ist. Lies im Beitrag von Janine, wie sie Surf Rambos in ihre Schranken weist.
2. Typisch Surfer Girl: Wenn Typen auf Stereotypen stehen
Lass mal, das ist Männersache. Oder: Mach du lieber, als Frau kannst du das besser. Solche Sätze fallen leider nicht nur beim Wechseln der Glühbirne oder Abwaschen, sondern ebenfalls beim Surfen…
2.1 Tittenbonus versus Tittenlast
Hinter diesem reißerischen Titel verbirgt sich benevolenter oder feindseliger Sexismus. Also der Fakt, dass es Frauen beim Surfen wegen ihrer Geschlechtsmerkmale besonders leicht oder schwer gemacht wird. Einige Surferinnen berichten vom „Tittenbonus“:
Letztens meinte ein Typ zu mir, als Frau hätte man ja den „Tittenbonus“ im Wasser. Er meinte, dass wir anderen Leuten lustig reindroppen können und dass uns Wellen ja „geschenkt“ würden. (L.)
Ganz prima! Da fühlen wir uns von den vermeintlichen Gentlemen so richtig ernstgenommen. Schlimmer sind nur Mädels, die mit ihren Reizen und einem Augenzwinkern förmlich um Wellen betteln… Pfui, lasst diesen Scheiß! Almosen haben wir nicht nötig. Zum Surfen gehört das Erarbeiten von Wellen dazu! Doch manchmal ist das schwer. Wenn Frauen gnadenlos unterschätzt bzw. gedroppt werden und sich viel stärker beweisen müssen, kann man von einer „Tittenlast“ sprechen:
Mir ist heute einer dreimal hintereinander in die Welle gedroppt. Als ich ihn fragte, was das denn soll, meinte er nur „Ich dachte, du bekommst die sowieso nicht.“ Und ich musste jedes Mal ausweichen, weil er nicht mal aufstehen konnte… (Theresa)
In dieselbe Kategorie fällt die Geschichte einer Windsurflehrerin, die von männlichen Kunden gern für die Praktikantin oder weniger qualifiziert gehalten wird. Was sich im Nachhinein natürlich immer als völliger Quatsch erweist. Falls sich der ein oder andere nun fragt: Na, was wollen die Weiber denn?! Die Antwort ist einfach: Lasst die heuchlerische Galanterie stecken, genauso wie Vorurteile. Easy, oder?
2.2 Heul doch: Das emotionale Weibsbild
Man sagt Frauen gerne eine hohe emotionale Intelligenz nach. Scheinbar wird das manchmal aber nicht mit Einfühlungsvermögen, sondern dem Hang zur Heulerei gleichgesetzt:
Gerade eben im Wasser: Surflehrer und Schüler (beide männlich) neben mir. Surflehrer zum Schüler: „You know… I prefer teaching men… Women always cry and have fears.“ (Beatrix)
Ja, stimmt! Meine größte Angst wäre tatsächlich, mit so einem Vollpfosten als Surflehrer zu enden. Denn wir alle haben doch Ängste und vergießen mal Tränen. Nur dass Frauen damit vielleicht freizügiger umgehen als Männer, die Emotionen lieber runterschlucken. Eine kleine persönliche Anekdote untermauert meinen Verdacht:
In Costa Rica hatte ich mit drei Männern einen blöden Tag an einem einsamen Spot erwischt. Eine mörderische Strömung saugte aufs Meer hinaus. Keine Panik, parallel zum Beach paddeln, logo. Meine Angst wuchs trotzdem und man(n) merkte sie mir deutlich an. Wieder an Land kommen war hart, und dort vergoss ich Tränen der Erleichterung. Als die beiden anderen Männer nicht schauten, kam der Dritte auf mich zu. „Hey“, sagte er leicht zittrig. „Schon okay dass du heulst. Mir ging da draußen auch mächtig die Düse, ich wollte es mir nur nicht anmerken lassen.“ Siehste?!
2.3 „Männerjobs“ und die hilflose Püppi
Kannst du dich noch an Fernsehwerbung aus den 90ern erinnern? Eine wunderschöne Frau steht einsam in der Wüste, an ihr Auto gelehnt. Es hat einen Platten. Auf die Idee, sich selbst mit dem Wagenheber auseinanderzusetzen, kommt sie nicht. Stattdessen nutzt sie die Wartezeit auf den rettenden Prinzen, um sich perfekt in Pose zu bringen. Ersetze die Frau durch ein Surfer Girl und den Sportwagen durch einen Bulli. Schon hast du ein Szenario aus der Neuzeit:
Ich bin auch regelmäßig genervt. Im Alltag besonders dann, wenn bei jedem Ölcheck bei meinem T4 ein Typ mit gefährlichem Halbwissen neben mir auftaucht und guckt, was die Püppi da denn treibt. Besonders gern folgt dann der Kommentar, dies doch meinem Freund zu überlassen. (Steff)
In meiner Umfrage waren solche Rückmeldungen mit am häufigsten. Sie wird bei einem „Männerjob“ beobachtet und bekommt ungefragt fremde und maskuline Hilfe aufgedrängt: Kannst du dein großes Auto wirklich allein fahren? Das Klo von deinem Camper selbst leeren? Und bist du mit einer Freundin unterwegs, weil ihr Stress mit Kerlen hattet?
Ich kann es schon durch die Bärte raunen hören: „Mensch Mädels, seid doch nicht so empfindlich. Wir wollen doch nur helfen.“ Vielleicht. Aber dann geht mit der Hilfsbereitschaft doch weniger diskriminierend und ohne Weibchen-Plattitüden um. Noch ein Negativ-Beispiel:
Bei mir weiß ich nie so genau, ob es daran liegt, dass ich eine Frau bin oder im Rolli sitze. Oder ob ich das Beste aus beidem „genießen“ darf. Da ich so gut wie immer alleine reise ist Folgendes der Klassiker: Jemand kommt an und fragt, wo denn mein Mann/Freund sei der mir helfen kann. Sage ich dann, dass ich alleine unterwegs bin, wird mir meistens die Hand auf die Schulter gelegt, mitleidig geschaut und gesagt: „Du findest auch noch jemanden der sich um die kümmert. Kopf hoch!“ (Kerstin)
Ob ein Mann im Rollstuhl dieselben Reaktionen bekäme? Zweifelhaft. Übrigens reist Kerstin gern um die Welt und hat auf Hawaii trotz ihrer Behinderung mit dem Surfen begonnen. Mehr Powerfrau geht nicht! Hier kannst du ihre Geschichte lesen.
3. Das Surfer Girl in den Medien: Klappe halten und Po-sieren
In der Werbung, in Magazinen und Filmen oder auf Instagram: Das Motto „Sex sells“ scheint so schnell nicht aus der Mode zu kommen…
3.1 Schön oder unterbezahlt: Das Surfer Girl in der Werbung
Eingangs habe ich bereits erwähnt, wie Profi-Surferinnen als „Surfer Girl“ von Werbepartnern in Szene gesetzt werden. Räkelnd am Strand statt surfend im Meer. Den „F*ck You Billabong“ Schmähbrief hat Keala Kenelly übrigens mit einem eigenen Artikel unterstützt:
I had my salary cut every year for the last five years of that sponsorship – no matter how many records I broke or accomplishments I achieved – to the point that I was practically riding for them for free. Meanwhile, they paid huge salaries to models and unaccomplished athletes who had that “marketable look.” Many companies really believe using this kind of marketing strategy is the only way to get people to buy their products. I think they’re wrong. (Keala)
Zumindest arbeitet die World Surf League daran, Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen langsam auszugleichen. Doch die Industrie wird wahrscheinlich weiterhin nur mit den Schönsten werben und den Talentiertesten – so wie Brasiliens Top Surferin Silvana Lima – sagen, dass sie nicht den „Look“ mitbringen. Im folgenden Video erzählt sie, wieso sie bei der Sponsoren-Suche trotz sportlicher Erfolge große Probleme hatte.
Als Kundinnen sollten wir genau überlegen, welche großen Mainstream-Marken wir in Zukunft unterstützen wollen. Denn es gibt so viele kleine Labels, die Surferinnen als Zielgruppe besser verstehen – und unser Geld viel eher wert sind.
3.2 Surf Magazine als Herrenclubs
Letztens war ich online auf einer bekannten Surf Forecast Seite. Dort blieb mein Auge an einem eingeblendeten Werbebanner vom Waves & Woods Magazin hängen, auf dem mich eine Reihe von Frauenärschen anlachte. Ist es wirklich das, was sich ein Szenemag unter einem Surfer Girl vorstellt? Oder sind die Mädels nur Deko?
Auf der Suche nach Antworten nahm ich das Heft schließlich selbst in die Hand. Es kommt in einem großen Format daher, mit sehr künstlerischen Fotos. Schade, dass nur Männer zu sehen sind. In der aktuellen Ausgabe fand ich genau zwei Bilder mit Frauen: Im Unterhöschen auf einem Van stehend und nackt trinkend an einer Bergklippe. Scheinbar ist das Waves & Woods ein reines Männermagazin. Eine Bekannte, die die Werbung genauso doof fand wie ich, hat sich mal um einen alternativen Titel bemüht: Links seht ihr das Original, rechts die neue Idee! @Waves & Woods: Ich hoffe ihr habt Humor.
3.3 Surferinnen und der Druck, immer perfekt zu sein
Letztens hat Lauren Hill in „Pear Shaped“ das Klischee vom allzeit gestylten Surfer Girl herrlich auf die Schippe genommen. Doch nicht nur von Profi-Surferinnen erwartet man Perfektion. „Life is better in a Surf Bikini.“ Aber nicht wenn du doofe Blicke bekommst, weil du keinen Size Zero Körper hast. Eine Kite-Surferin mit athletischem Body weiß zu berichten:
Ich habe mich mal drüber aufgeregt, dass Kitesurferinnen auf Instagram populärer sind, wenn sie in Bikinis posen anstatt coole Sprünge zu zeigen. Also mit Fotos, wo dich Titten oder Arsch so anspringen, dass du nichts anderes mehr wahrnimmst. Daraufhin wurde mir gesagt, dass ich nur neidisch wäre – weil ich selbst nicht die Figur dafür hätte. (Miriam)
Wie reagiert man auf solche doofen Sprüche? Am besten gar nicht. Haters gonna hate, und das gibt Falten plus ein mieses Karma. Miriam jedenfalls macht einfach weiterhin das, was sie liebt und kann: Heftig gut kiten und den Kritikern davon springen.
3.4 Die Testosteron Movie Industrie
Ich liebe gute Surf Filme. Besonders, wenn die Story stimmt und ich mich damit identifizieren kann. Doch das ist teilweise ganz schön schwierig, weil es kaum weibliche Vorbilder auf der Leinwand gibt. Das findet auch Martina:
Mein persönliches Highlight war ein Surf Film Festival in Wien. Das Publikum war zur Hälfte weiblich. Es wurden echt viele Filme gezeigt, fast 4 Stunden lang. Man hat genau 10 Minuten davon eine Frau – Stephanie Gilmore – beim surfen gesehen. Sonst lagen die Frauen nur in knappen Höschen am Strand und haben den Männern zugeschaut. (Martina)
Ja, wir schauen uns gerne Männer beim Surfen an. Ohne zwangsläufig kreischende Fans zu sein. Doch wir wollen auch tolle Surferinnen sehen – und nicht nur das posierende Surfer Girl mit dümmlichem Duck Face. Bitte, liebe Organisatoren von Surf Film Abenden: Sprecht das weibliche Publikum mehr an, wie z.B. bei der Ladies Night in Cologne (die auch Männern gefallen hat). Und nehmt mehr Filme mit Surferinnen ins Programm. Denn es gibt sie, und ihnen wird in New York sogar schon ein eigenes Surf Film Festival gewidmet.
4. Sei eine Frau, kein Surfer Girl!
So, nun schau dir nochmal in Ruhe das Titelbild an. Und dann das Bild genau über diesem Abschnitt. Der Unterschied zwischen Fiktion und Realität könnte krasser nicht sein: Oben das hochgestylte Surfer Girl. Unten eine Surferin aus dem Film „It Ain't Pretty“ – der ich mich tausend mal mehr verbunden fühle. Denn sie ist echt, sie beißt und hat Feuer. Und lässt sich garantiert keinen Shit gefallen.
Bist du beim Surfen auch schon mit Alltagssexismus konfrontiert worden? Und du hast keinen Bock mehr drauf? Dann lös dich aktiv vom Surfer Girl Klischee – denn unser Verhalten trägt maßgeblich dazu bei, wie wir wahrgenommen werden :
- Geh surfen weil du es willst, und nicht weil vielleicht am Strand ein geiles Instagram Bild dabei herauskommt. Nicht die perfekte Optik, das Brett oder das Outfit sind sexy – sondern Uneitelkeit, Wille und Passion. Auch wenn dabei Rotz aus der Nase läuft.
- Zeig Commitment, sei mit Feuereifer dabei und hab Spaß! Beim Surfen geht es ein stückweit darum, die eigenen Grenzen kennenzulernen – und manchmal zum Grenzgänger zu werden.
- Du musst nicht den aggressiven Macker markieren, um ernst genommen zu werden. Steh einfach zu dir und mach dich und deine Skills nicht klein!
- Mach bei Alltagssexismus den Mund auf! So was ist nicht okay. Und das zu sagen macht dich nicht zur Öko-Emanze, sondern einer mutigen Frau.
Ich danke den vielen Frauen, die mich bei meiner Umfrage unterstützt haben! Hoffentlich konnte ich dem Thema gerecht werden. Umso gespannter bin ich auf deine Reaktion: Schreib mir deine Meinung und Erfahrungen in die Kommentare – oder per Mail.
2 comments
Ich hatte das Glück Anfang der 90er ein Jahr in Californien zu leben und damit auch einen noch größeren Traum vom Surfen. Wer mag als Mann keine knackigen Frauenkörper?! Am liebsten mag ich den von meiner Freundin, der ist einfach atemberaubend. Aber ich finde es, um ehrlich zu sein, langweilig, dass statt Talent überall nur Titten abgebildet sind, wenn es um Sport und Frauen geht. All ihr Sponsoren da draußen, lasst SIE rocken und nicht räkeln. Man(n) muss keinen Angst vor starken Frauen haben!
I was lucky enough to live in California for a year at the beginning of the 90’s and with that I had an even bigger dream of surfing. Who doesn’t like crunchy women’s bodies as a man?! I like my girlfriend’s favourite, he is simply breathtaking. But to be honest, I find it boring that instead of talent, tits are only pictured everywhere when it comes to sports and women. All you sponsors out there, let her rock and not loll. You don’t have to be afraid of strong women!
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