Sie gilt als eine der größten deutschen Hoffnungsträgerinnen im Surfsport: Die 17-jährige Janina Zeitler! Als gebürtige Münchnerin liebt sie Wintersport in den nahen Alpen genauso sehr wie Riversurfen auf dem Eisbach, wo sie vor ca. 6 Jahren das erste Mal auf einem Brett stand. Heute rockt Janina jeden Surf Contest: Sie ist amtierende Europameisterin im Stationary Wave Riding sowie deutsche Meisterin im Wellenreiten unter den Juniorinnen. In diesem Artikel nimmt uns Janina mit in ihre Surf Contest Welt und berichtet, wie sie trainiert und das Wettkampfgeschehen erlebt.
1. Ein Münchner Kindl zwischen Schule und Wellen…
Hi, ich bin Janina aus München! Mein Leben dreht sich gerade um zwei Dinge: Schule und Surfen. Aktuell gehe ich auf die Fachoberschule und bin dort auf Entgegenkommen angewiesen, wenn ich für einen Surf Contest eine Befreiung brauche. Und weil ich nur in den Schulferien ans Meer kann, trifft man mich öfters beim Training am Eisbach. Idealerweise sollte mein späterer Beruf etwas mit Sport zu tun haben, doch eine Profi-Laufbahn strebe ich nicht wirklich an. Mir macht Surfen momentan viel Spaß und ich möchte mich weiter verbessern. Und ich warte einfach ab, was da noch auf mich zukommt.
1.1 Welches Surfbrett? Ganz klar das Shortboard!
Shortboards sind mein Ding. Sie sind wendig, schnell, direkt und kommen meinem Surfstil entgegen. Ich surfe gern kraftvoll und mit viel Power, und bewundere Surferinnen wie Tatiana Weston-Webb für ihre aggressive Backhand. Wenn die Wellen nicht so gut laufen, nehme ich aber auch gerne mal ein Longboard oder ein Mini-Malibu. Damit kann man viel Spaß haben!
1.2 Vom Eisbach zum Surf Contest: So fing alles an
Meine ersten Surfversuche unternahm ich als 11-Jährige auf der Floßlände, der kleinen Schwesterwelle vom Eisbach. Auf die Idee brachte mich eine Freundin: Damals lief gerade der Surffilm „Soul Surfer“ und ich fand Wellenreiten und den Lifestyle total cool. Also beschloss ich, es auch einmal auszuprobieren – und als Münchnerin liegt es ja nahe, die ersten Stepps am Fluss zu machen. Ich war sofort total begeistert, obwohl ich zugegebenermaßen zu Beginn nicht direkt der Senkrechtstarter war. Bald darauf ging es für mich auch zum Surfen in größere Gewässer.
Meinen ersten Surf Contest im Meer verdanke ich einem Zufall und der Europameisterschaft im Stationary Wave Riding. Dort hatte ich mich eigentlich nur angemeldet, um mehr Surfzeiten auf der Citywave zu bekommen, und lernte Lilly von Treuenfels kennen. Sie ist schon lange in der Surfszene unterwegs und erzählte von der Deutschen Meisterschaft in Saint Girons, wo ich doch mit hinfahren solle. Da wir sowieso gerade einen Familienurlaub in Südfrankreich gebucht hatten, entschloss ich mich, beim Surf Contest mitzumachen. Das war schon sehr aufregend! Ich wusste ja noch nicht genau, auf was es ankommt, und die Wettkampfregeln waren für mich totales Neuland.
2. Ein Surf Contest beginnt schon mit der Vorbereitung
Wer regelmäßig und erfolgreich an Surf Contests teilnehmen, muss sich eigentlich das ganze Jahr über darauf vorbereiten. Als Schülerin trainiere ich in meiner Freizeit sehr oft am Eisbach, und in den Ferien geht’s ans Meer. Früher habe ich etwa eine Woche gebraucht, um mich vom Fluss auf das Meer umzustellen – mittlerweile reichen zum Glück ein paar Fahrten aus. Zusätzlich zum Surftraining mache ich noch Kraft- und Konditionstraining, übe Moves auf dem Surfskate und fahre im Winter gerne Ski. Außerdem versuche ich, mich immer ausgewogen und gesund zu ernähren – unabhängig vom Training oder Wettkämpen, sondern einfach um mich fit zu fühlen.
Effekte Contest-Vorbereitung an Land: (1) Laufen, (2) Skateboarden, (3) Skifahren
2.1 „Landlocked Training“ auf stehenden Wellen
Stehende Wellen und Meereswellen sind für mich die perfekte Mischung: Der Fluss ist super, um das Boardgefühl zu trainieren und weiterzuentwickeln, wenn du gerade nicht ans Meer kannst. Und der Style vom Meeressurfen ist unheimlich wichtig, um beim Riversurfen einen schönen Flow ins Fahren und in die Körperbewegungen zu bekommen. Beides ergänzt sich! Übrigens ist der Eisbach kein so hartes oder männerdominiertes Pflaster, wie manche vielleicht denken. Natürlich muss man sich durchsetzen, aber wer ein bisschen surfen kann, hat kein Problem. Durch die wachsende Popularität vom Riversurfen ist inzwischen auch der Frauenanteil am Eisbach deutlich gestiegen.
Bei der Vorbereitung für den nächsten Surf Contest im Meer hilft mir das Surfen auf stehenden Wellen aber nicht direkt, da es dort ganz andere Anforderungen gibt. Im Ozean ist es zum Beispiel ausschlaggebend, die perfekte Welle überhaupt zu erkennen und auch zu bekommen. Daher sind Surftraining am Meer und Trips dorthin unverzichtbar.
2.2 Surf Contest Training am Meer
Zum Training zieht es mich relativ häufig nach Fuerteventura, weil ich nach einem kurzen Flug dort bin und es auf der Kanareninsel sehr vielseitige Spots gibt. Ansonsten ist auch das Janga Surfcamp in Portugal eine super Location mit schönen Wellen und noch nicht so überfüllten Line Ups. Und in Costa Rica, Marokko und auf Maui in Hawaii gefällt es mir ebenfalls total gut. Aber einen konkreten Lieblingsspot habe ich eigentlich nicht. Es gibt einfach so viele schöne Locations zum Surfen, und wie deine Session wird, hängt ja auch von den jeweiligen Bedingungen am Spot ab.
Viel Freizeit bleibt in Trainingszeiten nicht übrig. Doch ich treffe beim Surfen auch meine Freunde und der Sport macht mir unheimlich viel Spaß. Also nutze ich gerne jede freie Minute dafür!
Training auf Fuerte: (1) Spotcheck, (2) Duckdiven, (3) Front Side Turn, (4) Back Hand Turn, (5) Wipe Out
Wenn ich erzähle, dass ich meine Ferien zur Vorbereitung auf den nächsten Surf Contest am Meer verbringen muss, klingt das traumhaft. Aber natürlich ist das Training hart und körperlich anstrengend! Gerade nach den ersten Tagen im Meer tut alles weh, weil man die Bewegung nicht mehr gewohnt ist. Ich arbeite je nach Ort mit wechselnden Trainern zusammen und ein typischer Trainingstag beginnt mit dem Spot-Check. Dann kommt die erste Surfsession mit anschließender Videoanalyse und Korrektur, gefolgt von einer zweiten Surfsession, um die Verbesserungsvorschläge direkt umzusetzen. Am Ende des Tages stehen Stretching und Workout auf dem Programm.
3. Surf Contest Zeit: So laufen die Wettkämpfe bei mir ab
Neben den Wettkämpfen der Rapid Surfing League an verschiedenen stationären Wellen stehen bei mir pro Jahr mehrere Surf Contests im Meer auf dem Programm. Besonders wichtig ist die Deutsche Meisterschaft, die meistens im September in Südfrankreich stattfindet: Auf diesem nationalen Surf Contest qualifiziert man sich nämlich für die internationalen Wettkämpfe, wie die Euro Surf oder die ISA World Games. Der Deutsche Meister ist dafür automatisch nominiert, und die anderen verfügbaren Plätze werden nach Rangliste vergeben. Auch Perspektiv-Athleten können eine Chance bekommen.
3.1 Vor dem Surf Contest: Anreise und Wiedersehen
Zur letzten Euro Surf in Portugal bin ich schon 3 Wochen vorher angereist, um mich mit meinem Trainer auf den Wettkampf vorzubereiten. Spätestens zum Wettkampfbeginn reist dann das gesamte deutsche Team an. Sind alle da, gibt es erst einmal ein großes Hallo: Du triffst auf solchen Events „alte Bekannte“ und lernst auch viele neue Leute kennen. Es ist ein ganz gewisser Kreis, der sich auf so einem Surf Contest tummelt, und da kennt man sich halt. Die sozialen Netzwerke, mit denen wir uns zwischendurch auf dem Laufenden hält, tun da ihr Übriges.
Wir sind eine Community, in der es fair und freundschaftlich zugeht. Aber wie in jedem Wettkampf ist auch Ehrgeiz dabei, der notwendig ist, um sich ständig zu motivieren und gute Leistungen abzurufen. Und selbstverständlich hat jeder seine Wunsch- und Angstgegner…
Natürlich sind die Surfer, die am Meer wohnen und bei internationalen Wettkämpfen antreten, klar im Vorteil. Das ist logisch und mir bewusst! Deswegen versuche ich, die Nachteile einer Landlocked-Surferin durch viel Riversurfen zu kompensieren. Das kann im Meer durchaus helfen.
So ein Surf Contest hat übrigens keinen konkreten und festen Starttermin, sondern wird immer für einen bestimmten Zeitraum geplant. Er startet erst bei den passenden Bedingungen und kann zwischendurch „on hold“ sein, falls sich die Wellen verschlechtern. In den „Off-Zeiten“ machen wir Teilnehmer nicht viel, denn wir sind ja ständig auf Abruf und meistens meistens am Strand – bis der Surf Contest dann „On“ ist und es wirklich (wieder) los geht.
3.2 Surf Contest Time: It's on when its on
Ein Surf Contest besteht aus mehreren Vorrunden, aus denen die besten Surferinnen und Surfer in die Finalrunden (Viertel- und Halbfinale bzw. Finale) weiterrücken. Pro Runde werden die Teilnehmer dabei in „Heats“ aufgeteilt: So heißen die etwa 20-bis 30-minütigen Surfsessions, in denen sich (je nach Anzahl an Startern und dem Wettkampfmodus) drei oder vier Gegner miteinander messen. Ihre gesurften Wellen werden von den Judges zwischen 0 und 10 Punkten bewertet, und nur die zwei besten Wellen gehen dann in die individuelle Gesamtwertung ein.
Am Wettkampftag weiß ich schon, gegen wen ich in meinem Heat antreten werden, und bin ich natürlich immer ein bisschen aufgeregt. Zeit für irgendwelche Rituale zum Entspannen bleibt aber nicht, denn oft startet der Surf Contest schon sehr früh am Morgen. Alles beginnt mit dem Überstreifen eines Lycras, damit die Judges die Mitstreiter pro Heat von Land aus anhand ihrer Farben noch besser erkennen können. Dann wärme ich mich am Strand weiter auf und höre dabei gern spanische Musik, um in den Wettkampf-Modus kommen.
Warten auf den Heat: (1) Aufwärmen am Strand, (2) Blick aufs Meer mit Rosina Neurer (Fotos: Pure Surfcamps)
Meistens bekommt man dann schon 5 Minuten vor Beginn seines eigenen Heats die Möglichkeit, ins Line Up zu paddeln. In dem Moment bin ich total im Tunnel und denke an gar nichts mehr. Im Line Up angekommen wartest du dann, bis der aktuelle Heat zu Ende ist und dein Startzeichen ertönt.
Startschuss für den Heat: Und Action!
Anfangs bin ich schon nervös! Der Druck ist groß, möglichst zügig zwei gute Wellen zu bekommen. Je nachdem wie gut es an dem Tag für dich läuft, können 20 Minuten gefühlt wahnsinnig schnell vergehen. Bekommst du sofort zwei gute Wellen, dann hoffst du natürlich, dass deine Gegner das nicht gleich toppen können. Und wenn du noch eine gute Welle brauchst, dann setzt du alles daran, das Ergebnis in der letzten Minute zu verbessern – um im Surf Contest eine Runde weiter zu kommen.
Generell bewerten die Judges besser, wenn du größere Wellen nimmst. Außerdem bekommt eine Welle mit sauber gefahrenen Manövern, wie einem guten Top Turn oder einem Carve mit viel Spray, auch mehr Punkte. Und ein schönes Finish kommt natürlich ebenfalls gut an.
The Heat is on: (1) Back Hand Turn, (2) Reentry – beides auf der Euro Surf in Portugal
Es gibt ein paar Strategien, wie man aus seinem Heat alles rausholen kann. Alles beginnt im Kopf: Unsicherheit und Selbstzweifel bremsen dich aus, während es mit gesundem Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten viel besser läuft. Fühle ich mich gut, dann surfe ich meistens auch gut. Generell zögere ich nicht lange, um gleich in den ersten Minuten eine Welle zu nehmen. So lässt der Druck nach und ich kann die innere Anspannung abbauen!
Außerdem versuche ich immer, die Ruhe zu bewahren, mich zu konzentrieren und nicht zu stark auf meinen Gegnerinnen zu achten. Ganz aus den Augen sollte man sie natürlich nicht verlieren, allein schon um zu sehen, wer gerade Priority hat bzw. dran ist, die Welle zu nehmen. Während dem Surf Contest bekommst du über die Lautsprecher auch die Bewertungen von dir und den anderen mit. Darum schadet ein Blick auf das Gegnerfeld im Heat auch nicht um zu wissen, wie viele Punkte einem selbst noch fehlen, um eine Runde weiter zu kommen.
Nach dem Heat ist vor dem Heat…
Zumindest, wenn der Surf Contest gut für dich läuft! Dabei gibt es keine Faustregel, wie lange man zwischen den Heats verschnaufen kann. Bei der letzten Euro Surf in Portugal war alles sehr entspannt: Ich war höchstens zweimal am Tag dran, und dazwischen lagen immer mehrere Stunden. Anfangs bin ich viel aufgeregter, weil ich natürlich nicht gleich zu Wettkampfbeginn ausscheiden möchte. Mit jeder Runde, die ich in einem Surf Contest weiterkomme, werde ich jedenfalls immer entspannter.
Ansonsten läuft das Drumherum auf einem Surf Contest viel gesitteter ab, als es sich manche vielleicht vorstellen mögen. Natürlich gibt es eine Abschlussparty, aber während der Wettkämpfe ist früh schlafen gehen angesagt, weil du am nächsten Tag wieder fit sein musst. Was die Erfahrung aber jedes Mal so toll macht ist der Teamzusammenhalt: Sehr oft hat jedes Nationalteam ein eigenes Aufenthaltszelt, und jeder Teilnehmer eines Teams wird bei seinem Heat selbstverständlich von den Kollegen unterstützt! Während unserer Heats steht das gesamte deutsche Team inklusive Trainer zum Anfeuern am Strand – und lässt dabei jubelnd die Flagge wehen.
3.3 Nach dem Surf Contest: Vielleicht winkt ja das Treppchen…
Nach einem Surf Contest bin ich vor allem eins: Total fertig! Zuerst das anstrengende Training vor dem Wettkampf, dann die Wartezeiten währenddessen, denn man weiß ja nie so genau, wann man dran ist. Und dann tun die permanente körperliche und nervliche Anspannung ihr Übriges. Anderen Surferinnen und Surfern geht es bestimmt ähnlich. Vielleicht ist das auch der Grund, warum bei der abschließenden Riders Party gar nicht sooo heftig gefeiert wird… Es ist eher ein nettes Beisammensein. Einfach mit allen noch ein bisschen abhängen und reden!
Wenn du gewinnst… und dann die Sektflasche nicht aufgeht
Auf das Treppchen gerufen zu werden ist wirklich ein ganz besonderer Moment, und bei meinem Europameistertitel gab es auch eine Sektdusche! Da war ich gerade 16 Jahre alt und wusste noch nicht so genau, wie man die Flasche aufbekommt 😉 Aber ich bekam Hilfe von der Vizeeuropameisterin und nahm natürlich auch einen kräftigen Schluck.
Mein bisher größter Erfolg war 2016, als ich den Titel als Europameisterin im Stationary Wave Riding holte. Doch auch im Meer läuft es gerade gut: Im französischen Saint Girons erfuhr ich mir auf der Deutschen Meisterschaft 2018 den 1. Platz bei den Juniorinnen und auf der Euro Surf Junior in Portugal den 8. Platz. Auf den ISA World Games in Japan war das Konkurrenzfeld größer und so stark, das ich mit dem deutschen Team auf Platz 18 kam – bei der ISA World Junior erreichten wir immerhin Platz 9.
Das Preisgeld ist nicht das Wichtigste
Übrigens ist das Preisgeld (seit 2018 für Frauen und Männer identisch hoch) für mich nicht der Grund, an einem Surf Contest teilzunehmen – es ist nur ein angenehmer Nebeneffekt, denn man hat ja auch Kosten für die Anreise und Unterkunft. Selbst wenn es nicht so gut laufen sollte, kannst du aus jedem Wettkampf lernen – und es beim nächsten Mal besser machen. Grundsätzlich habe ich einfach Spaß, mein Können zu zeigen und mich mit anderen Surferinnen zu messen. Doch ich muss auch zugeben, dass es schon ein schönes Gefühl ist, auf dem Treppchen ganz oben zu stehen 😉
Wenn du mehr von Janina Zeitler sehen willst, dann folge ihr unbedingt auf Instagram – hier gibt sie viele Einblicke in ihr Leben im Wasser und an Land. Wir bedanken uns auch beim Deutschen Wellenreitverband und bei Pure Surfcamps für die freundliche Unterstützung!