Raglan ist das Surfer Mekka in Neuseeland und lockt mittlerweile Wellenhungrige aus allen Ecken der Erde an. Kein Wunder: Mit seinen fantastischen Point Breaks, der lässig-hippen Attitüde und entspannten Locals kann der Ort mit anderen Surfstädten definitiv mithalten!
Auf meinem Surf Roadtrip über die Neuseeland Nordinsel bin ich deshalb etwas länger in Raglan hängen geblieben. In dieser Zeit habe ich den kleinen Ort kennen- und lieben gelernt. Doch was macht die Surferstadt am Ende der Welt eigentlich so anziehend? In diesem Beitrag versuche ich, den Geheimnissen und der Attraktivität von Raglan auf den Grund zu gehen.
1. Raglan ist lässig und hip, ohne es darauf anzulegen
Manche Surferorte sind so mega-angesagt, dass sie fast schon überzüchtet wirken. Nimm zum Beispiel Canggu auf Bali, wo Surfen zwischen täglicher Party, Instagram-freundlichen Mahlzeiten und wohlgestylten Hipstern fast schon zur Nebensache wird.
Raglan ist ebenfalls hip, aber auf eine mühelos-lässige Art. Der Ort mit etwa 3.500 Einwohnern wirkt wie eine Perle inmitten atemberaubender Natur. Surfen gehört zu Raglan wie die Schafe zu Neuseeland und hat eine lange Tradition. Die eingeschworene Surfer-Community akzeptiert Besucher, doch verbiegt sich nicht völlig für sie. So etwas wie pauschalen Surf-Tourismus gibt es nicht, nur ein bis zwei Surfschulen und die „Volcom Lane“ mit Surf Shops wie dem Raglan Surf Emporium.
Ansonsten besteht der Stadtkern aus einem niedlich-altmodischen Hotel, ein paar Lädchen, Kunstgalerien, Restaurants und Kneipen. Dort sitzt Mutti mit Familie und Sonntagshut neben dem dreadlocks-behangenen Backpacker und seinen Surfer-Kumpels. Beim Styling gilt dasselbe wie für die Annoncen in der Sonntagszeitung: Alles kann, nichts muss. Schuhe sind zum Beispiel im Sommer in Raglan völlig überbewertet.
Raglan in Bildern: (1) VW-Bus in der City, (2) Kleinstadt-Idyll an der Wharf, (3) Sundowner am Wainui (Ngarunui) Beach
2. Die Wellen sind im Frühling und Herbst am Besten
In Raglan kannst du wie im Rest Neuseelands ganzjährig surfen. Im halbwegs warmen neuseeländischen Sommer (Dezember bis Februar) kommen viele Touristen. Sobald nur ansatzweise surfbare Bedingungen herrschen, sind die legendären linken Point Breaks – Manu Bay, Whale Bay und Indicators – dann leider oft ziemlich voll. Im Winter (Juni bis August) krachen riesige Wellen auf die Küste, doch das Wasser ist ungemütlich kalt.
Schlaue Füchse surfen deswegen im Frühling (September bis November) oder Herbst (März bis Mai) in Raglan – bei konsistenten Wellen, aushaltbaren Wassertemperaturen und minimalen Crowds. In der zauberhaften Nebensaison verbinden sich die drei Points bei besonders gutem Swell zu einem gigantischen Spot mit endlosen Lines! Auf einer Welle gleich drei Spots surfen – das geht mit etwas Glück und einer mächtigen Oberschenkel-Muskulatur nur in Raglan!
Foto „Manu Bay, Raglan New Zealand“ by Jun Kaneko, used under CC BY-SA 2.0 (cropped for size, foto filter used)
3. Eingeweihte treffen sich zum Nachtsurfen
Du bist nun mal im Sommer in Raglan gelandet und die Crowds nerven? Du willst deine Ruhe im Line Up und die herrlichen Wellen von Manu Bay für dich haben? Dann warte auf den Einbruch der Nacht bei Vollmond! Bei wolkenlosem Himmel spendet er dir ausreichend Licht – den Mut und eine Begleitung für ein nächtliches Surfabenteuer musst du selbst mitbringen. Wir haben in Raglan ausprobiert, wie sich Mitternacht-Surfen mit ein paar Verrückten anfühlt…
4. Günstig wohnen ist in Raglan kein Problem
Neuseeland ist kein billiges Reiseland: Die Lebenshaltungskosten sind mindestens so hoch wie in Deutschland und liegen je nach gewohntem Standard sogar darüber. Einer der größten Kostenfaktoren ist dabei das Wohnen. Doch mit ein paar Tricks kannst du es dir in Raglan trotzdem leisten.
Ein Traum von einem Camper-Parkplatz! (Solscape Lodge, Raglan by Jun Kaneko, CC BY-SA 2.0)
Günstig und einfach ist das Leben im Campervan, den du dir vor allem im Sommer unbedingt rechtzeitig z.B. über Billigermietwagen.de reservieren solltest. Leider darfst du damit nicht einfach überall stehen. Obwohl das sogenannte „Freedom Camping“ in Neuseeland nicht illegal ist, wird es nur in bestimmten Arealen – nie in der Stadt oder ungefragt auf Privatgelände – geduldet und an vielen hübschen Orten stehen Verbotsschilder. Du kannst trotzdem in freier Natur stehen, ohne eine 200 Dollar Strafe zu kassieren. Camping-Plätze in Raglan mit Zugang zu Küche und Waschräumen wie diese hier kosten um die 20 $ pro Nacht:
- Solscape: Eco-Lodge in Spot-Nähe mit Wahnsinnsblick auf den Ozean
- Karioi Lodge: Auf wildem Buschland mit eigener Surf School
- Raglan Kopua Holiday Park: Campingplatz umgeben von Wasser
- The Ridge at Kevs Place: Rasenfläche in der Stadt für unschlagbare 10 $
Falls du doch lieber eine feste Bude während deiner Zeit in Raglan suchst, dann schau dich mal bei AirBnB.de um. Dort habe ich wirklich süße und bezahlbare Apartments gefunden. Allerdings nur, weil ich schon Monate im Voraus danach gesucht habe und beim Zeitraum etwas flexibel war.

Proud Kiwi: Der Garten von einem meiner AirBnBs in Raglan
Noch eine Möglichkeit, sich einen längeren Aufenthalt in Neuseeland leisten zu können, ist übrigens ein Work & Travel Jahr. Gerade Surforte wie Raglan brummen in der Saison und bieten viele Verdienstmöglichkeiten, z.B. in der Gastronomie, im Tourismus oder in der Surfszene! Manchmal, so wie in dieser Kiwi-Auswanderer-Story, kann aus einem Work & Travel sogar für immer werden…
5. Lecker essen und trinken geht auch für wenig Geld
Du musst dich nicht wochenlang von Toastbrot und billiger Limo ernähren, um in Neuseeland Geld zu sparen. Wer schlau einkauft, kann sich gelegentlich Essengehen oder Drinks gönnen. In Raglan gibt es nur kleinere Lebensmittelläden mit begrenztem und etwas teurerem Angebot. Falls du länger da bist und selbst kochen kannst, kaufe ab und an bei einem günstigeren Supermarkt wie Pak’n Safe im benachbarten Hamilton ein. Das spart Geld, was du dann für Raglans tolle Restaurants zur Verfügung hast. Wie zum Beispiel diese hier:
- Raglan Fish: An den Docks wird täglich frisches und erschwingliches Sushi zubereitet. Lecker Fish & Chips bei guter Aussicht gibt’s natürlich auch.
- The Shack: In der bunten Bude mit Surfer-Deko treffen sich Jung und Alt zum besten Frühstück und Mittagessen in der Stadt.
- Rock It Kitchen: Etwas außerhalb liegt dieser Geheimtipp im Grünen. Tolle, überraschende Gerichte zu vernünftigen Preisen!
Doch auch kleine Alltagssünden kommen in Raglan nicht zu kurz, zum Beispiel eine gute Tasse Raglan Roast Coffee. In dem kleinen Lädchen werden die Bohnen selbst geröstet und der Kaffee schmeckt im grünen Innenhof bei Sonnenschein besonders gut. Psssst: Dank Raglan Brewing Co. hat die Surferstadt sogar ihr eigenes Bier!
Extra-Tipp: In Neuseeland darfst du dir Seafood direkt aus dem Meer sammeln! Du musst nur die Fanggrenzen für Muscheln, Seeigel, Krabben und Co. beachten.
Schlemmen in Raglan: (1) Frischer Raglan Fish, (2) Sonntagsbruch bei The Shack, (3) Skater-Crowd for Raglan Roast
6. Raglan hat wirklich gute Surfboard Shaper
Du hast keine Lust, deine alte Planke bis nach Neuseeland mitzuschleppen? Oder bist gerade bei den Kiwis und brauchst ein neues Brett? Dann könntest du in Raglan fündig werden, wo sich einige sehr gute Shaper angesiedelt haben. Bei den Hughes ist die Shaper-Garage mit angegliedertem Surfshop ein Familienbetrieb: Papa Craig war für 43 Jahre Shaper und hat das Business an seine Söhne Nat und Luke weitergegeben. Auf ihren Surfboards fahren neuseeländische Top Surfer internationale Contests, bei denen Luke Hughes selbst schon am Start war.
Call us dinosaurs, but we haven’t moved our manufacturing operation to China. I still hand shape each board and glass them myself with a small crew to assist, while my beautiful wife Sunny runs the shop. The biggest satisfaction I get in life (other than surfing), is still when somebody comes up and tells me they love the board we made them! (Mikey T, Raglan Longboards)
Single-Fin-Lover sollten bei Raglan Longboards vorbeischauen. Inhaber Mickey T ist um die 60 Jahre alt und schon Shaper, seit ihm als 19-Jähriger für einen „normalen“ Job immer zu viel Salzwasser aus der Nase lief. Er hat seine Skills in Hawaii und Kalifornien geschliffen, wo er mit Branchengrößen wie Matt „Mayhem“ Biolos von Lost Surfboards zusammenarbeitete. Der Mann weiß, was er tut! Ein Surfboard aus Raglan ist kein Billigprodukt aus China-Planks, sondern echte Handwerkskunst.

Raglan Surf Co. ist der eigene Surfshop der Hughes Family, wo du Nat und Luke häufig triffst
7. In Raglan lebst du im Einklang mit dem Ozean
Sehr wahrscheinlich wird sich dein Tagesablauf in Raglan nach den Gezeiten und der Laune des Meeres richten. Abends checkst du den Surf Forecast für den nächsten Tag: Werden die Points gut laufen? Und wann steht genug Wasser über den fiesen Steinen, um sie beim Wipe Out möglichst nicht zu spüren?
Doch auch sonst ist der Ozean in Raglan der Lebensmittelpunkt. Das weltweit beispielhafte ökologische Bewusstsein der Neuseeländer – sichtbar z.B. im kompletten Verzicht auf Atomenergie – erstreckt sich ebenfalls auf den Meeresschutz. Seit Jahren kämpfen sie gegen das verhasste Seabed Mining, um die Küste mit ihren Surf Spots sowie die Meeresbewohner zu schützen. Wie zum Beispiel die Orcas und Wale, die jedes Jahr mehrmals einen Besuch einlegen.

Walsichtungen sind in Neuseeland gar nicht so selten (Foto: Bernard Spragg)
8. Secret Spots liegen näher als du denkst
Früher war Raglan nur ein paar Exil-Australiern und reisewütigen Amerikanern bekannt, die wirklich jeden Winkel der Erde surfen wollten. Heute haben die Point Breaks der kleinen neuseeländischen Stadt eine weltweite Fangemeinde. Trotzdem gibt nach wie vor Secret Spots, die nur ein paar Kilometer entfernt und den wenigsten Leuten bekannt sind. Im Süden von Raglan führt dich die kurvenreiche Straße an der Steilküste entlang, bis hin zu wilden unberührten Beach Breaks. Hier sind die Wellen immer etwas größer als z.B. in der Manu Bay, aber haben teils gefährliche Strömungen. Geh hier also nicht allein ins Wasser und lass dir Zeit für den Spot Check. Im Norden von Raglan sind ebenfalls ein paar Surf Spots versteckt, für die du stellenweise über privates Farmland fahren musst.
Solche Semi-Secrets oder Secrets findest du relativ leicht mit etwas Eigeninitiative. Hol dir Inspiration beim NZ Surfguide, quatsche mit surfenden Locals und gehe mit deinem Auto auf Erkundungstrips. Wer sucht, der findet!

Im Süden von Raglan offenbart sich so manches Geheimnis…
9. Raglan ist eine Talentschmiede für Surfer
Mit einer endlosen Küstenlinie kommen Locals nicht auf die Idee, Fußball zu spielen. Zumindest nicht an erster Stelle. Stattdessen geht jeder in der Freizeit am liebsten surfen. Darum findet man in größeren Strandorten von Australien und Neuseeland immer mindestens einen Surf Club, der Rettungsschwimmer für die Surf Rescue bezahlt und sich um Community Services (z.B. Weiterbildung über den Ozean, Organisation von Surf Film Abenden) kümmert.
In besonders hochrangigen Surfrevieren konzentrieren sich einzelne Surfclubs auf die Nachwuchsförderung – so zum Beispiel der Raglan Point Boardriders Club. Er bringt die besten Surfer in ganz Neuseeland hervor, die Nationaltitel anhäufen und sogar auf internationalen Contests am Start sind. Egal welches Alter und wieviel Finnen, diese Surfer rocken ihre Point Breaks! Manchmal fährt der Surf Club Bus in Manu Bay vor und spuckt eine Ladung sonnenblonder Kids mit Salzwasserblick aus. Stell dich drauf ein, an solchen Tagen im Line Up mehr Spray ins Gesicht als selbst Wellen zu bekommen. Oder den kleinen Wellenschlitzern nur staunend vom Parkplatz zuzusehen, wenn der Spot für die Contest-Vorbereitung gesperrt ist…
Top Surfer: (1) Contest Kids, (2) Kora in Manu Bay, (3) Taylor in Piha – all fotos courtesy of Raglan Points Boardriders Club
10. Raglan ist zwar klein, in Unterhaltung aber ganz groß
Raglaner wissen, wie man feiert und eine gute Zeit hat. In den legendären Yot Club, den alle nur liebevoll „Yotty“ nennen, kommen ständig tolle Singer-Song-Writer und Bands für kleine Livegigs vorbei. Perfekt für einen Abend mit Freunden! Im Sommer pilgert sogar halb Neuseeland nach Raglan – für das Sound Splash, ein großes Musik Festival mit Blick auf den Ozean.
Doch Raglan kann nicht nur musikalisch unterhalten. Die Surferstadt hat ebenfalls eine sehr lebendige Kunstszene, der man mit dem Raglan Arts Weekend sogar ein eigenes Event widmet. Aus allen Ecken der Welt haben Maler, Fotografen, Schmuck-Designer, Töpfer und Illustratoren nach Raglan gefunden. Vom Ozean inspirierte Surf Art findet man zum Beispiel bei Denise Fort und Miranda Jane Caird. Besonders beeindruckt hat mich Kyoko Shirai: Die junge Japanerin hat nach der Nuklear-Katastrophe ihre Heimat Fukushima verlassen und sich mit ihrer Familie in Raglan ein neues Leben aufgebaut. Papa hat einen Sushi-Laden, sie nebenan ihr kleines Art Studio. Und mit ihren Maori-Prints veredelt sie auf Nachfrage sogar Surfboards!

Das kleine Studio einer meeresinspirierten Künstlerin (Foto: Denise Fort)
Was du sonst über Surfen in Raglan wissen musst
Neuseeländische Surfer sind vor allem in Raglan keine Weicheier. Denn nicht umsonst gilt die Westküste der Neuseeland Nordinsel als wild und manchmal unberechenbar!
- Im kühlen Wasser von Raglan brauchst du immer einen Neoprenanzug. Im Sommer tragen die meisten Surfer einen Springsuit oder 3/2er Neoprenanzug, im Winter mindestens einen 4/3er mit warmen Booties.
- Raglans Surf Spots sind nicht ohne. Die Wellen an den Point Breaks brechen über dicken Steinen, auf die man nicht fallen will. Und die weitläufigen Beach Breaks in der Umgebung weisen oft starke Strömungen auf. Falls du noch kein erfahrener Surfer bist, suche dir zur Einweisung lieber eine Surfschule vor Ort!
- Der Ozean kann eine launische Diva sein. Heute wunderbar schulterhohe Wellen, morgen Sturm und riesige Brecher! Stell dich auf rasche Wetterwechsel ein und bringe Geduld auf der Jagd nach Wellen mit.

Einer von Raglans steinreichen Points am Feuern…
Trotz dieser Kapriolen wirst du dich in Raglan verlieben! Denn das Klima und teils raue Wetter macht einen Großteil des Charmes der neuseeländische Surferstadt aus. Und wenn es draußen doch mal zu ungemütlich ist, kannst du dich im Yoga Loft oder The Space beim Surf Yoga mit dem besten Rippern der Stadt fit für die Wellen machen.
Warst du schon in Neuseeland surfen oder hast es noch vor? Schreibe uns, wenn du noch Fragen hast. Oder verewige deine eigenen Tipps in den Kommentaren 🙂
Title Foto „Manu Bay, Raglan, New Zealand“ by Jun Kaneko, used under CC BY-SA 2.0 (cropped for size, foto filter used)
3 comments
Toller Artikel !! ???????? ????♀️????♀️????♀️
Vielen Dank liebe Isabel 🙂
Bärenstark!!!