Bunt, heiß und noch nicht touristisch glattgebügelt: So habe ich Nicaragua kennengelernt, als ich im März 2018 einige Wochen in dem lateinamerikanischen Staat verbrachte. Ein kulturell und landschaftlich interessantes Ziel, das insgesamt 910 Kilometer Küste vorweist und zum Surfen viele ausgezeichnete Spots bereithält. Außerdem herrschen tropische Temperaturen und an der Pazifikseite des Landes weht fast immer Offshore-Wind – perfekte Bedingungen, die zu einem längeren Aufenthalt einladen! Also begleite mich in diesem Artikel, in dem ich berichte, was alles für einen Nicaragua-Surftrip spricht.
1. Nicaragua und seine einzigartigen Surfbedingungen
Zunächst ein kleiner Blick auf den Globus: Nicaragua liegt in Zentralamerika, grenzt im Norden an Honduras, im Süden an Costa Rica, westlich an den Pazifik und östlich an die Karibik. Hier herrscht tropisches Klima mit einer durchschnittlichen Tagestemperatur von über 30°C. Trockenzeit ist etwa von November bis April, Regenzeit ist von Mai bis Oktober. Dabei unterscheiden sich die Niederschlagsmengen deutlich: Auf der Karibikseite ist es wesentlich feuchter als im Hochland bzw. an der Pazifikküste, wo die meisten Surfspots liegen.
Nicaragua Landkarte (Screenshot von Google Maps)
1.1 Offhore-Wind in Nicaragua
Man liest ja öfters in Surfmagazinen, dass in Nicaragua fast immer traumhafte Offshorewinde wehen sollen, die für saubere Wellen sorgen. Stimmt das wirklich?! Ja! Denn der Lago de Nicaragua (Nicaraguasee, auch bekannt als Cocibolca) ist dafür zuständig, dass es an den Pazifikstränden um die 300 Tage im Jahr ablandige Winde gibt. Dieser See ist nämlich nicht irgendein kleiner Tümpel, sondern mit einer Fläche von über 8.000 km2 immerhin der größte See Mittelamerikas. Zur Veranschaulichung: Das entspricht in der beliebten „Saarlandumrechung“ etwa 3,17 Saarländern – also einem wirklich großen See 😉 Gegenüber dem Nicaraguasee wirkt der benachbarte Lago Xolotlán (Managuasee) geradezu winzig, zählt aber immer noch zu den 100 größten Seen der Welt.
Nicaraguas berühmter Offshore-Wind, der von der Küste aufs Meer weht, ist dafür zuständig, dass die Wellen sich schön auftürmen und erst spät brechen, selbst wenn sie mal nicht so groß sind. Perfekt zum Wellenreiten! Allerdings kann der Wind an manchen Tagen auch mal zu stark blasen – dann musst du beim Anpaddeln gegen die „Windbremse“ mehr Gas geben und beim Wipe Out dein Brett gut festhalten. Dafür gibt’s dann aber auch Spray vom allerfeinsten!
Riesige Süßwasserseen: (1) Nicaraguasee mit Blick auf die Isla Ometepe, (2) Managuasee
Unter Nerds ist das Offshore-Phänomen in Nicaragua übrigens als „Lake Effect“ bekannt: Die Luft über dem Nicaraguasee bzw. dem Managuasee und Drumherum ist ganztägig kühler als über dem Meer, daher herrscht an Land ein Hochdruckgebiet. Jenes bewirkt einen ablandigen Luftstrom gen Meer, der auch deshalb so stark ist, weil der Nicaraguasee die Karibikwinde zwischen den Landmassen bündelt und in ihre Bahnen aufs Meer hinaus lenkt.
1.2 Ganzjährig surfbare Wellen
Laut Stormrider Guide kannst du eigentlich ganzjährig in Nicaragua surfen. In den ersten Monaten der Trockenzeit (ca. Dezember bis Februar) ist der Swell zwar tendenziell weniger bzw. kleiner, aber dennoch konsistent genug, und der Offshore-Wind bläst am stärksten. Wie gesagt, manchmal schon zu stark! Von März bis Oktober, also in die Regenzeit hinein, kommen dafür die größten Swells aus südlicher Richtung an. Im November kann es dann wieder sehr wechselhaft sein.
Traumwelle an einem Secret Spot (Foto: Markus Warth)
1.3 Das Wasser hat Badewannentemperatur – oder nicht?!
Wie in der Badewanne: Wer in Nicaragua surfen möchte, kann die meiste Zeit des Jahres mit tropischen Luft- und angenehmen Wassertemperaturen von 26°C bis 29°C rechnen. Es gibt aber auch Ausnahmen! Als ich im März bei San Juan del Sur surfen war, wäre ein Neoprenanzug dringend angebracht gewesen – denn ohne ließ es sich nicht allzu lange im überraschend kühlen Pazifik aushalten. Es fühlte sich eher nach französischen Atlantikwellen an als nach einem tropischem Badeparadies 😉 Deshalb mein Tipp, auch wenn’s verrückt klingt:
Gerade im Süden von Nicaragua kann neben Surf Bikini oder Boardshorts ein Shorty oder (je nach Jahreszeit und Kälteempfinden) sogar ein 3/2 Fullsuit nicht schaden. Denn dort kann das Meer durch Upwelling (aufströmendes kaltes Tiefenwasser) merklich – bis unter 20 °C – abkühlen, wenn der Offshore-Wind mal wieder besonders heftig weht.
Pack den Shorty ein, aber meist reicht der Surfbikini in Nicaragua aus (Foto by Rapture Surfcamps Nicaragua)
Über das ganze Jahr gesehen sind solche Tage aber wahrscheinlich eher die Ausnahme – die meiste Zeit sorgen die heißen Temperaturen dafür, dass es sich im Wasser gut aushalten lässt.
1.4 Lieber mitbringen: Die Surfausrüstung für Nicaragua
Egal ob Surfboard, Ersatzfinnen und Leash, oder der oben empfohlene Shorty für kühle Tage: In Nicaragua ist es teilweise schwierig, an geeignete Surfausrüstung heranzukommen bzw. sind die Möglichkeiten dafür manchmal etwas rar. Weil die Surfkultur im Land noch nicht besonders alt und der Sport nicht so verbreitet wie anderswo ist, gibt es dementsprechend wenige Surfshops. Dennoch könnt ihr euch bei einigen Surfcamps und Schulen mit Equipment ausrüsten. Hotspot in dieser Hinsicht ist San Juan del Sur: Hier erwarten euch verschiedene Surfläden und sogar Ding Repair Shops, wo man kaputte Bretter flicken lassen kann.
Mit dem eigenen Surfbrett bist du in Nicaragua auf der sicheren Seite (Foto: Rapture Surfcamps)
2. Nicaraguas Wellen: Surfspots und Surfcamps für jedes Level
Natürlich musste ich die Wellen Nicaraguas selbst testen und habe deswegen im März eine Woche im Rapture Surfcamp verbracht. Das Camp liegt auf einem Hügel in der Nähe von San Juan del Sur, mit Wahnsinnsausblick auf das Meer. Allerdings benötigt man von dort oben schon ein Auto, um bequem und nicht total k.o. an den Surfspots anzukommen. Zum Glück wurden wir jeden Tag an die entsprechenden Orte gefahren und erhielten Unterricht von Locals, die uns gut zu motivieren wussten – selbst bei frischeren Wassertemperaturen! Nicht nur ich, auch andere fanden es schön dort:
Unberührte Wellen an versteckten Orten reitet man fast für sich alleine. Danach lädt der Infinity Pool mit Blick auf den Dschungel zur Cerveza ein, vom Essen kann man nie genug bekommen, es gibt Yoga zum Sonnenuntergang und eine nette familiäre Atmosphäre. Ein Traum!
(Maren aus Norderney über das Rapture Surfcamp)
Wie ich es auch aus anderen Surfcamps kenne, hatten wir pro Tag zwei etwa einstündige Sessions mit kurzer Pause dazwischen. Den restlichen halben Tag konnten wir im Pool oder an der Bar des Surfcamps chillen. Besonders angenehm: Wer mochte, konnte sich eine Ganzkörpermassage bei einer der Camp-Mitarbeiterinnen buchen. Genau das Richtige nach einem anstrengenden Tag auf dem Board!
Rapture Surfcamp in Nicaragua: (1) Infinity Pool, (2) + (3) Glamping Zelte, (4) Luxuszimmer, (5) Fahrt zum Spot, (6) ab ins Wasser, (7) Wellenschönheit, (8) Snack, (9) Sunset am Beach (alle Bilder von Rapture Surfcamps)
2.1 Surfspots im Süden von Nicaragua bei San Juan del Sur
San Juan del Sur (SJDS) ist einer der größten Orte des Landes und bei Touristen, Partyfans und Surfern sehr beliebt. Zum Surfen wirst du SJDS allerdings verlassen müssen, da der Stadtstrand nicht die besten Wellen bekommt. Im näheren Umfeld befinden sich aber einige der besten Spots Nicaraguas mit ganzjährig sehr konsistenten Wellen. Dazu gehören:
Playa Maderas und Playa Marsella
Als Hauptstrand der Region liegt Playa Maderas ca. 9 km nördlich von San Juan del Sur – und ist bekannt, beliebt und durchaus stark bevölkert. Anfänger, Fortgeschrittene und Profis kommen am Beach Break voll auf ihre Kosten. Dank der Popularität des Strandes und der leichten Erreichbarkeit haben sich einige Surfschulen und Surfboard Rentals angesiedelt.
Direkt neben dem Playa Maderas ist der kleinere Playa Marsella etwas weniger bekannt, aber dadurch auch nicht so voll. Hier sind die Wellen allerdings nicht ganz so verlässlich.
Falls du All-Inclusive-Service willst: Vom Buena Vista Surf Club, einem beliebten Surfcamp im Holzstil und Dachterrasse mit Meerblick, bist du in wenigen Minuten am Playa Maderas. Etwas weiter landeinwärts liegt das hübsche Dream Sea Surfresort im Grünen, und mit Shuttle doch nah der beiden Surfspots.
San Juan del Sur & Playa Maderas: (1) Beachidyll, (2) Anfängerwellen, (3) Strandleben, (4) Blick auf die Bucht, (5) Beachbar, (6) Sundowner (Foto 1 +2 by Rapture Surfcamps)
Playa Remanso, Hermosa und El Yankee
Etwa 8 km südlich von SJDS wartet mit Playa Remanso ein steiniger, nicht ganz erschlossener Strand, der aber immer noch gut zu erreichen ist und mit kleinen, feinen Wellen lockt. Er wird daher vor allem für Anfänger und Longboarder empfohlen.
Am Playa Hermosa (ca. 12 km südlich von SJDS) haben Surfanfänger und Intermediates Spaß: Der weiße, lange und breite Sandstrand mit Karibikkulisse bietet sowohl rechte als auch linke Wellen, die ziemlich verlässlich und obendrein einfach zu erreichen sind. Dank der niedrigen Wassertiefe in Küstennähe lässt es sich gut reinlaufen und man verliert seine Kraft nicht schon beim Paddeln 😉 Daneben bietet Hermosa eine gute Surfinfrastruktur mit Boardverleih und Kursanbietern sowie kleinen Bars, Restaurants und Chillout Areas. Gemütlich auch für Strandgenießer, die keine Lust auf Wassersport haben!
Playa El Yankee (ca. 15 km südlich von San Juan del Sur) ist eher für Fortgeschrittene geeignet. Zum einen ist er weniger gut zu finden, zum anderen gibt es keinen Verleih – also müsst ihr auf jeden Fall euer eigenes Board mitbringen. Der Beach Break und etwa brusthohe Wellen bringen dann viel Spaß!
Pssst: Falls du gerne wanderst und als erfahrener Surfer deine Ruhe willst, könnte das schicke Verdad Retreat (zwische Playa El Yankee und Playa Escameca) etwas für dich sein! Klein klassisches Surfcamp – auf Wunsch organisiert man dir hier aber auch eine Surfschule jenseits von allem Trubel.
2.2 Surfspots im Zentrum von Nicaragua
Obwohl man meinen könnte, dass sich Surfen in Nicaragua auf den Süden konzentriert, gibt es im Zentrum des Landes ebenfalls zahlreiche erstklassige Spots.
Playa Manzanillo & Playa del Colorado
Von San Juan del Sur aus ca. 60 Kilometer nördlich entfernt liegt Playa Manzanillo. Bei dem eher schwierigen, links brechenden Point Break in der gleichnamigen Bucht muss auf das Korallenriff und Seeigel geachtet werden. Es handelt sich um einen Privatstrand, den du am besten per Boot erreichst – das luxuriöse Mukul Resort am Beach ist seeehr teuer.
Einen Katzensprung entfernt ist Playa del Colorado – wer sich auf dem Board sicher fühlt, kommt hier voll auf seine Kosten. Der Beach Break mit Barrels ist bei erfahrenen Surfern beliebt, daher auch gerne mal etwas voller. Auch hier könnt ihr per Boot hinfahren, was günstiger ist, oder in einer der oft teuren Casas vor Ort bleiben. Besser gefällt uns allerdings das urige Monkey House Hostel am Nachbarstrand, erschwinglich, gemütlich, schöne Atmosphäre.
Popoyo & El Astillero
Etwas weiter nördlich liegt Popoyo, auch ein eher für Fortgeschrittene geeigneter Surf Spot. Er ist ziemlich bekannt und daher nicht unbedingt einsam: Beständige linke und rechte Wellen in allen Größen bieten viel Spaß. Vor dem mit Korallen und Seeigeln besetzen Untergrund sollte man sich etwas in Acht nehmen. Also vorsichtig Rauspaddeln und auf eure Finnen aufpassen! Im Two Ten Surf Home wohnst du günstig, gut und bei netten Gastgebern direkt am Reefbreak. Am anderen Ende der Bucht (am Beginner Beach) ist das Magnific Rock Surf Resort / Yoga Retreat eine solide Wahl.
Wer von Popoyo weiter nach Norden fährt, erreicht bald El Astillero am Ausläufer des Escalante Flusses. Für manche ist es einer der besten Beach Breaks in Nicaragua! Hier findet ihr linke und rechte Wellen, die eher nicht so hoch sind, dafür ist der Spot auch nicht ganz so überlaufen.
Anspruchsvolle Wellen: Gerade um Popoyo werden Intermediates glücklich (Foto: Rapture Surfcamps)
2.3 Surfspots im Norden von Nicaragua
Falls es euch in den „hohen“ Norden von Nicaragua verschlagen sollte: Gute Entscheidung! Hier gibt es oft leere Wellen und einige sehenswerte Orte.
Las Peñitas
In der Nähe von León befindet sich der Strand Las Peñitas, an dem ich ein paar Tage war und der mir mit seiner sehr entspannten Stimmung gut gefallen hat. Am Wochenende tummeln sich hier viele Nicas aus den Städten, aber unter der Woche ist Las Peñitas angenehm leer. Trotzdem hat der Ort ein paar Beachbars und Restaurants direkt am breiten Sandstrand. Die Wellenqualität kann sehr unterschiedlich sein, lädt aber trotzdem oft zum Surfen ein.
Falls ihr eine Unterkunft direkt am Strand ergattert, könnt ihr ganz spontan ins Meer springen, ohne euch Gedanken über die Anreise machen zu müssen! Sehr schön eingerichtet, erschwinglich und genau am Beach ist z.B. das Aaki Hotel, wo man euch gern mit einem Surfkurs oder Brettverleih behilflich ist.
Nicht weit von Las Peñitas entfernt und gut per Bus erreichbar ist Poneloya. Auch hier könnt ihr sehr gute Wellen ergattern und müsst sie euch nicht mit vielen anderen Surfern teilen. An Wochenenden und Feiertagen kann es aber voller werden, wenn die Nicas aus den Städten zum Feiern und Chillen kommen. In Poneloya gibt es allerdings besonders bei Flut teils starke Strömung, also am besten vorsichtig sein und nicht alleine surfen gehen.
The Boom
Ganz im Norden, ca. 45 Minuten von der Stadt Chinandega entfernt, lauert mit The Boom eine der schwierigsten und spektakulärsten Wellen in Nicaragua. Bei Flut gibt es großartige Barrels für Fortgeschrittene und Profis; manche sagen, es sei unmöglich hier nicht gebarrelt zu werden. Neben Surfern sind hier nicht viele andere Touristen, dafür weiter Sandstrand. Gut zu wissen: Da The Boom nördlich des Nicaragua-Sees liegt, herrschen hier nicht die oben beschriebenen ganzjährigen Offshore-Bedingungen.
Hier findest du weitere Infos zu The Boom sowie den nördlichen Surf Spots von Nicaragua.
Im obigen Video gibt es noch ein paar schöne Eindrücke von leeren Wellen in Nicaragua. Ebenfalls sehenswert ist dieses Video von der Surfranch in Popoyo!
3. Nicaragua erleben: Kultur, frisches Essen und großartige Natur
Die Nicas sind recht umweltbewusst und halten ihre Strände und Meere sauber. Surfen macht da natürlich noch mehr Spaß! Wer dennoch etwas Abwechslung braucht, dem seien die zahlreichen erstklassigen Tauch- und Schnorchelspots ans Herz gelegt, egal ob an der Karibik- oder der Pazifikseite. Besonders die Corn Islands sind mit ihren bildschönen Karibikstränden eine Reise wert, wenn auch etwas abgelegen und am besten per Flugzeug aus der Hauptstadt Managua zu erreichen.
Unterwasserwelt auf den Corn Islands, ca. 70km östlich von Bluefields
Aber auch außerhalb des Wassers ist Nicaragua richtig schön und hat viel zu bieten. Hier haben wir ein paar Tipps an Land für euch gesammelt.
3.1 Stadtbummel durch Granada und León
In Nicaragua gibt es historisch und kulturell interessante Städte wie Granada und León zu entdecken: Sie sind nicht nur wegen der Architektur im Kolonialstil einen Besuch wert, sondern auch wegen ihrer Geschichte, kleinen Geschäften und gemütlichen Restaurants. Außerdem sorgen dort Museen, Kirchen und Markthallen für Abwechslung und kulturellen Input. Von hier aus kannst du auch Ausflüge in die Natur und zu den vielen aktiven oder erloschen Vulkanen planen!
Sehenswerte Städte in Nicaragua: (1) Granada, (2) León
3.2 Vulkane bestaunen und „Volcano Boarding“
Zahlreiche Vulkane bieten in Nicaragua wunderschöne Wandertouren und Fotokulissen. Etwa der Masaya bei Granada ist unglaublich beeindruckend, weil er einen Blick in sein brodelndes Inneres erlaubt. Er ist bis zum Gipfel mit dem Auto befahrbar, dort öffnet sich sein Schlund und man kann die feuerrote, kochende Lava aus einigermaßen sicherer Entfernung von oben beobachten.
Ein weiterer aktiver Vulkan ist der Cerro Negro („schwarzer Hügel“) bei León. Hier spürt man an manchen Stellen die Hitze, die in seinem Inneren herrscht. Durch zahlreiche Ausbrüche hat er sich immer weiter aufgetürmt und bietet eine ganz spezielle Touristenattraktion: Von seinem Gipfel kann man mit einer Art Schlitten den ganzen steinigen Hang bergab rodeln. „Volcano Boarding“ nennt sich das und ist ein staubiger, aber auch ziemlich einmaliger Spaß!
Nicaraguas Vulkane: (1) + (2) Volcano Boarding, (3) Cerro Negro Views, (4) Masaya bei Granada, (5) Blick in die Glut
3.3 Lokale Spezialitäten probieren
Man kann sich in Nicaragua einfach selbst versorgen, denn jedes Dorf hat einige kleine Läden mit Grundnahrungsmitteln. Daneben gibt es aber auch richtig gute Restaurants, die zum Beispiel frisch gefangenen Fisch oder lokale Gerichte anbieten. Besonders in San Juan del Sur, Granada und auf Litte Corn Island sind mir viele kleine, hübsch gestaltete Cafés und Restaurants aufgefallen: Sie bieten knackige Salate, Bowls oder Quiches und dazu frisch gepresste Säfte, regionalen Café oder Cocktails an. Überhaupt ist Mittelamerika ein Paradies, was Obst und Gemüse anbelangt. Mango-, Maracuja- oder Ananassäfte haben mir noch nie so gut geschmeckt wie dort vor Ort, wo die Früchte wirklich gerade erst gepflückt wurden! Mit viel Eis sind sie das ideale Getränk nach einer ausgiebigen Surfsession.
Zu den lokalen Spezialitäten, die man ausprobiert haben sollte, gehört Gallo Pinto, das im Wesentlichen aus Reis und Bohnen besteht. Dazu gibt es Eier, Fleisch oder eine Art weißen Grillkäse, und meistens noch ein wenig Salat oder frittierte Kochbanane (Platanos). Übrigens gibt es das Gericht üblicherweise zum Frühstück – mit Reis und Bohnen, die vom Vorabend übrig geblieben sind und würzig in der Pfanne angebraten werden.
„Nica-style breakfast: Gallo Pinto“ by mabi2000, licensed under CC BY-SA 2.0
3.4 Einen Spanischkurs absolvieren
Die Menschen in Nicaragua sind mir gastfreundlich und offen begegnet. Es empfiehlt sich allerdings, ein bisschen Spanisch zu lernen, um damit zumindest Bustickets kaufen, im Restaurant bestellen oder nach dem Weg fragen zu können. Während eurer Reise könnt ihr daher einen Spanischkurs einplanen, gerade weil Nicaragua ein verhältnismäßig günstiges Land ist. Das Beste: Teilweise wird so ein Kurs in Deutschland je nach Anbieter sogar als Bildungsurlaub anerkannt!
Ich habe einen einwöchigen Kurs in León absolviert und durch den Eins-zu-Eins-Unterricht mit einer Einheimischen schnell viel lernen können – und auch müssen. Englisch sprach sie nämlich nicht, wie so viele Menschen in den kleineren Orten in Nicaragua.
Ansonsten wird durchaus Englisch gesprochen, aber eher im Tourismussektor, wo viele englischsprachige Zuwanderer aus Europa oder den USA arbeiten. Auf dem Land und in ursprünglicheren Gebieten kommst du nur mit Spanisch weiter.
4. Praktische Tipps für (d)eine Nicaragua-Reise
Neben dem Spanischkurs habe ich noch einige weitere Tipps parat, die meine Nicaragua-Reise leichter gemacht haben. Und eure vielleicht ja auch! Alles beginnt schon mit der Anreise, die etwas länger dauert, weil es derzeit keine Direktflüge ab Deutschland nach Nicaragua gibt. Die Hauptstadt Managua ist per Flugzeug zum Beispiel von Frankfurt aus mit Zwischenstopp in Panama City oder Miami zu erreichen. Daher macht es Sinn, den Trip mit anderen Destinationen zu kombinieren, etwa dem traumhaften Surfparadies Costa Rica.
4.1 Aus Costa Rica zu Fuß nach Nicaragua einreisen
Ja, es gibt Reisebusunternehmen, die einen von San José (Costa Rica) nach Managua (Nicaragua) bringen und sich um alle Formalitäten kümmern. Doch da entgeht euch ein Abenteuer 😉 Denn die Einreise aus Costa Rica bietet das Erlebnis, als Backpacker zu Fuß den Grenzübergang bei Peñas Blancas zu überqueren. In Costa Rica zahlt man eine Ausreisegebühr von 8 US-Dollar und kommt dann als Fußgänger in Nicaragua an, wo man wiederum eine Einreisegebühr von umgerechnet 12 US-Dollar zahlen muss. Danach wollte ich in die Stadt Rivas, von der man gut per Taxi oder Bus weiterfahren kann – z.B. auf die Vulkaninsel Ometepe im Lago de Nicaragua oder direkt ins Surfmekka San Juan del Sur.
An der Grenze muss man sich ein bisschen durchfragen und darf sich nicht entmutigen lassen, um den richtigen Bus zu finden. Denn direkt hinter den Grenzkontrollen warten Taxifahrer auf unkundige Touristen und fangen diese schon mal mit fantasievollen Geschichten ab. Lasst euch darauf nicht ein! Mir gaben zum Glück freundliche Einheimische Tipps, wie viel ich maximal für den Bus zahlen und wo ich aussteigen soll. Sehr hilfreich, angesichts der nicht richtig angezeigten Haltestellen und schwer nachvollziehbaren Ticketpreise! Zum Kommunizieren sind grundlegende Spanischkenntnisse wieder sehr nützlich.
Zu Fuss nach Nicaragua einreisen und herum kommen (hier am Vulkan El Hoyo)
In Nicaragua herumzukommen ist einfach: Am besten bewegt man sich mit öffentlichen Bussen, Fähren oder offiziellen Taxen, die man sich mit anderen Mitfahrern teilt. Hierbei sollte man nicht zu zimperlich sein, denn das alles entspricht nicht unbedingt europäischen Standards. Eine Fährfahrt über den Nicaragua See kann zudem extrem schaukelig werden, weil fast immer ein starker Wind weht. Abgelegene Regionen lassen sich aber auch mit lokalen Fluglinien erreichen, und ihr könnt euch in Managua ebenfalls ein Mietauto leihen.
4.2 Sicherheit und der Umgang mit Gefahren
Nicaragua ist nicht ungefährlich: Zahlreiche Vulkane brechen immer mal wieder in moderatem Maße aus, seismische Aktivitäten führen zu kleinen Erdbeben und in der Saison von Mai bis November sind Hurrikans möglich. Doch ich hatte das Gefühl, dass die Menschen einigermaßen auf derlei Naturkatastrophen vorbereitet sind, und fühlte mich recht sicher. In Bezug auf andere Gefahren und Ärgernisse, wie Diebstähle, Überfälle oder überteuerte Touristenfallen, habe ich glücklicherweise auch keine Erfahrungen gemacht.
Allerdings ist es sicher ratsam, wie so oft, nicht zu viel Bargeld mit sich herumzutragen, seine Wertsachen im Auge zu behalten und mit gesundem Menschenverstand an die Dinge heranzutreten.
Trotz Sonnenschein und Tropen Vibes: In Nicaragua sollte man auf seine Sicherheit achten! (Foto: Rapture Surfcamps)
Leider ist Nicaragua nicht nur preiswert, sondern auch recht arm. Im Frühling 2018 gab es Proteste im ganzen Land, bei denen viele Menschen starben. Laut Auswärtigem Amt hat sich die Lage mittlerweile beruhigt, allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass es weitere Proteste gibt und ein gewalttätiges Niederschlagen derselben durch die Regierung erfolgt. Das mag manche Menschen vielleicht abschrecken, aber insgesamt kann man wunderbar in Nicaragua reisen, wenn man nicht total auf Luxus eingestellt ist.
4.3 Toll und günstig wohnen – und cool bleiben
Für Backpacker ist Nicaragua günstig, gut erschlossen und noch nicht überlaufen. Die Unterkünfte, in denen ich übernachtet habe, waren sehr unterschiedlich und haben sich im Rahmen von 8 bis 20 Euro pro Nacht bewegt. Neben einfachen Betonhütten mit Bett, Dusche und Toilette im selben Raum – aber dafür mit Dachterrasse und unverstelltem Blick auf den klaren Sternenhimmel – wohnte ich in Villen im Kolonialstil, einem Privathaushalt in einer Gated Community, modernen Hostels mit Infinitypool und Unterkünften fast direkt am karibischen Strand. Da es so heiß ist, verbringt man ohnehin viel Zeit außerhalb des Hauses!
Bunte Wohnhäuschen in Nicaragua – mit Gästezimmern, die nicht viel kosten
Falls ihr auf der Suche nach günstigen Unterkünften in Nicaragua seid, kannst du z.B. bei AirBnB oder Booking.com nachschauen. Es lohnt aber auch, sich einfach vor Ort umzusehen.
4.4 Sonnenschutz nicht vergessen!
Noch ein letzter Tipp: Wegen Hitze und Sonne solltet ihr immer ausreichend Getränke und Sonnenschutz dabeihaben. Gerade abseits der Strände, in Städten wie León, war es tagsüber ohne Ventilator kaum auszuhalten. Klimaanlagen sind eher selten! Sonnencrème und Co. gibt es zwar in den größeren Supermärkten, aber am besten bringt ihr genügend Vorräte aus Deutschland mit – Drogerieartikel sind in Mittelamerika verhältnismäßig teuer.
Titelbild: Rapture Surfcamps Nicaragua. Editing: Heidi Günther.
3 comments
Da kann man in Zeiten von Corona ja direkt fernweh bekommen! Traumhafte Bilder die Lust auf mehr machen. Auch wenn es mich voraussichtlich auf kurze und mittelfristige Sicht leider nicht nach Nicaragua verschlagen wird, weckt es doch Vorfreude auf einen hoffentlich bald kommenden Surfurlaub…
Liebe Laura
Vielen vielen Dank für deine tolle Zusammenschau und Tipps für Nicaragua!
Ich überlege mir nach Nicaragua und/oder Costa Rica zu reisen.. leider wird mir im Umfeld jedoch vor allem davon abgeraten, alleine als Frau dort zu reisen, da es so gefährlich sein soll. Wie siehst du das so? Mein Spanisch ist sehr schwach, aber das kann ich auf jeden Fall noch aufbessern und es wäre das erste Mal in Mittel/Südamerika..
LG Luana
Liebe Luana,
besten Dank für deinen Kommentar und die netten Worte 🙂
Also ich war damals mit meinem Freund unterwegs und wir empfanden es generell weder in Costa Rica noch in Nicaragua als besonders gefährlich. Allerdings haben wir bestimmte Gegenden/Städte gemieden, die man laut Lonely Planet und co. als Tourist*in nicht unbedingt besuchen sollte. Da es das in Costa Rica eigentlich nicht gab, fühlte es sich dort noch sicherer an als in Nicaragua.
Ich bin zwar selbst nicht alleine durch die beiden Länder gereist, habe dort aber immer wieder Frauen getroffen, die allein unterwegs waren und keine negativen Erlebnisse hatten. Das mit den Warnungen aus dem Umfeld kenne ich auch. Meiner Erfahrung nach sieht aber vieles von außen gefährlicher aus, als wenn man es selbst vor Ort erlebt. Ich finde immer, solange man sich an grundsätzliche Regeln hält (siehe 4.2 oben im Artikel), kann man gut in unbekannte Länder reisen (zumindest in die meisten). Außerdem würde ich nach Einbruch der Dunkelheit nicht alleine herumlaufen. Da man als Backpacker*in meistens viele andere Tourist*innen trifft, kann man sich dann ja zusammentun, wenn man möchte 🙂
Warst du denn generell schon mal alleine unterwegs? Ich war vor den politischen Unruhen 2018 in Nicaragua und weiß nicht, wie die Lage derzeit aussieht. Wenn du unsicher bist, ist Costa Rica vielleicht die bessere Wahl. Theoretisch kannst du dann immer noch vor Ort entscheiden, ob du nach Nicaragua rüberreisen möchtest oder du dir das für ein anderes Mal aufhebst 🙂
Ansonsten würde mich vorher immer über die Hinweise des Auswärtigen Amtes informieren: https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit . Wobei wegen der Pandemie derzeit vor den meisten Reisen gewarnt wird.
Ich hoffe, das hilft dir bei deiner Reiseplanung weiter.
Viele Grüße
Laura