Nazaré ist ein mittelgroßer Küstenort in Portugal, etwa 130 Kilometer nördlich von Lissabon. Und steht für ein Bild, das sich weltweit in die Hirne von Wassersportverrückten eingeprägt hat: Den roten Leuchtturm auf den Klippen am Praia do Norte, mit Ausblick auf eine der größten und brachialsten Big Waves der Welt! Hier stehen jedes Jahr im Winter, pünktlich zum Beginn der Big Wave Saison mit ihren großen Swells, unzählige Zuschauer und wirken neben der wellengewordenen „Big Mama“ wie kleine Ameisen – genau wie die Surfer, die meistens mit Jetskis in die Wassermonster gezogen werden.
Aktuell liegt der bestätigte Rekord der größten, jemals in Nazaré gerittenen Welle bei knapp 25 Metern (80 ft), bezwungen vom Brasilianer Rodrigo Koxa im Jahre 2018. Doch Rekorde sind ja bekanntlich dazu da, um gebrochen zu werden – und andere Haudegen der Big Wave Szene werden sogar mit 100ft Wellen in Verbindung gebracht. Nur gehen die eben nicht immer in die Annalen des Sports ein. So oder so: Mit seinen Wasserbergen ist Big Wave Surfen ein völlig eigener Sport, bei dem Otto-Normal-Wellenreiter lieber nur von ganz weit weg zu sehen.
Wir sind, wie viele Surfer, erklärte Portugal-Fans, und gerne öfters da. Im Winter zieht es uns immer wieder nach Nazaré. Denn wenn das halbe Land in den Winterschlaf fällt und viele Surfspots zu sehr ballern, um den Sport selbst auszuführen, erwacht Nazaré erst richtig zum Leben! Darum wurde es Zeit, diesem wirklich besonderen Ort einen eigenen Artikel zu widmen. Lies hier, was du über den lokalen Big Wave Zirkus von A wie Anreise bis Z wie beste Zeit zum Zusehen wissen musst, wie wir das Spektakel erlebt haben und welche unbekannten Geheimnisse Nazaré noch birgt.
Viel Action – Surfer-Suchbild in Nazaré (Foto: Kasia)
1. Nazaré Fakten: Wann, wo und wie hier Big Waves laufen
Lange Zeit war Nazaré mit seinen knapp 15.000 Einwohnern vielen „nur“ als Fischerort und Strandbad bekannt. Dabei erobern die Locals hier schon seit den 60ern die Wellen, zunächst am „zahmeren“ Stadtstrand und später am Praia do Norte, wo dank des tiefen Unterwasser-Grabens öfters Big Waves laufen – die aber ein anderes Equipment und richtig große Eier erfordern. Der Trubel kam angeblich 2010 mit Garrett McNamara, als die Stadt internationale Profis einlud, um Surfen im Winter zu promoten. Heute haben McNamara & Co. sogar Häuser im ehemals verschlafenen Küstenort, um bei guten Bedingungen sofort startklar zu sein.
1.1 So entstehen die Big Waves in Nazare
Nazaré in Portugal, Mavericks in Kalifornien, Jaws auf Hawaii oder Aileens in Irland: Die berüchtigten Big Wave Surfspots der Welt haben ein paar Dinge gemeinsam. Erstens ist hier der Meeresboden so beschaffen, dass sich die vom offenen Ozean anrollenden Wellen vorm Brechen besonders stark auftürmen. In Nazaré liegt es an einem großen Unterwasser-Canyon (siehe folgendes Modell): Einem tiefen Graben in der Kontinentalplatte, der die Wassertiefe gen Ufer abrupt reduziert, und die Wellen gleichzeitig in eine ganz bestimmte Bahn lenkt. Das sorgt für immense Wellenenergie und Wellengeschwindigkeit.
Modell vom Unterwasser-Canyon in Nazaré – auf dem kleinen Landzipfel ist der Leuchtturm
Ob es an Big Wave Spots ballert, hängt natürlich auch von den Bedingungen ab. Für Monsterwellen in Nazaré braucht es starken und vor allem cleanen Swell aus West oder Nordwest: Bei einer prognostizierten Wellenhöhe von über 3 Metern und einer ordentlichen zweistelligen Wellenperiode (min. 14 Sekunden) sind die Chancen echt gut! Ja, das klingt „klein“ und 5 Meter sind noch besser, aber der Unterwassergraben macht deutlich mehr daraus. Ansonsten ist Offshore-Wind (aus Osten) am besten, wobei der Big Wave Spot auch den in Portugal fast ständig blasenden Nordwind gut verträgt – sofern er nicht zu stark ist.
Laut Locals das Tückische an den „Big Mamas“ an Nazarés Praia do Norte: Die Wellen verhalten sich fast wie Lawinen, nehmen beim Brechen immer mehr an Größe zu, und gewinnen an brachialer Kraft sowie Geschwindigkeit. An dem Aframe werden linke und rechte Wellen gesurft, wobei letztere Richtung Leuchtturm und Felsen läuft. Das Tückische: Dort kommt man besonders schwer aus der Impact Zone heraus….
Lucas „Chumbo“ Chiancas bezwingt eine Big Mama in Nazaré (Foto: Kasia)
1.2 Wann ist Big Wave Saison in Nazaré?
Auf Basis der oben genannten Bedingungen ist unsere goldene Regel: Wenn die Wellen in Peniche und Ericeira viel zu groß, aber recht clean und nicht komplett verblasen sind, kann sich ein Ausflug nach Nazaré lohnen. Offiziell läuft die Big Wave Saison von Oktober und März, aber wir hatten bisher zwischen Dezember und Februar – also im tiefsten Winter mit seinen besonders großen Swells – am meisten Glück. Trotzdem kann es bei den richtigen Bedingungen auch in anderen Monaten klappen; selbst im April gab es in Nazaré schon Big Waves!
Um nicht völlig umsonst nach Nazaré zu tingeln, sollte man vorher unbedingt den Surf Forecast und Websites wie Surf Forecast.com, Magic Seaweed oder die Webcam im Auge behalten. Dennoch bleibt der Spot eine Diva, der trotz bester Bedingungen laut Locals mal „zu viel Sand“ oder „zu starken Offshore“ haben kann – und nicht immer bei derselben Tide funktioniert. Daher ist es am einfachsten, die Nazare Big Wave Alerts zu checken, zum Beispiel auf der Website Nazare Waves. Ich schaue gern auf der Instagram-Seite Gigantes de Nazare vorbei: Dort werden in den täglichen Stories die Surf Forecasts besprochen, sowie unglaubliche Bilder und Videos gezeigt – teils direkt von den Jetski-Fahrern aus dem Line Up!
Gute Bedingungen im winterlichen Nazaré (Foto: Kasia)
1.3 Anfahrt nach Nazaré und Aussichtspunkte
Der Big Wave Alert ist auf Grün? Dann erreichst du Nazaré von Lissabon aus per Auto über die Maut-Autobahn binnen 1,5 Stunden. Schneller geht es, wenn du in den bekannten Surf-Orten Ericeira oder Peniche bist – die liegen quasi auf halber Strecke. Nur von der Algarve, einem besonders beliebten Winterdomizil, ist es für einen Tagesausflug leider etwas zu weit. Wer keinen fahrbaren Untersatz hat, kommt von Lissabon, Peniche und Ericeira sogar mit dem Bus Rede Expressos nach Nazaré. Dann musst du vom Stadtzentrum aus ein wenig mehr Fußweg zum Farrol do Nazaré einplanen – dem Leuchtturm, wo die Wellen laufen.
Der bekannteste Aussichtspunkt vor Ort ist der rote Leuchtturm, der den Hügel hinunter auf den Klippen von Nazaré thront. Wer den Eintritt für das zugehörige Museum zahlt, kann den Surfern direkt von der Plattform aus zusehen, oder sich alternativ einen (leereren) Platz auf den Klippen drumherum suchen. Kurz vor dem Leuchtturm stehen aber nur begrenzt kostenlose Parkplätze zur Verfügung. Deshalb macht es gerade am Wochenende oder bei großen Events wie der WSL Big Wave Challenge Sinn, lieber den deutlichen größeren Parkplatz Praia do Norte ansteuern. Von hier aus kannst du gemütlich den Strand entlang zum Leuchtturm laufen und bekommst gleichzeitig nochmal eine ganz andere Perspektive auf das Spektakel: Meterhohes, explodierendes Weißwasser!
Aussichtspunkte in Nazaré: (1) Weg vom Parkplatz Praia do Norte, (2) Blick von unten, (3) Leuchtturm, (4) Blick von oben
1.4 In Nazaré übernachten: Unterkünfte für Big Wave Watcher
Falls du nicht gerade um die Ecke wohnst, musst du von anderen Orten Portugals eine Weile für die Anreise nach Nazaré einplanen. Und sehr früh raus, denn Big Wave Tage starten meist zeitig am Tag, weil nachmittags der Wind zunimmt. Am entspanntesten ist es, ein oder zwei Übernachtungen in dem schönen Städtchen einzuplanen: Dann musst du nicht um die begehrten Parkplätze am Praia do Norte kämpfen, bist entspannt und jederzeit flexibel am Strand. Die folgenden Unterkünfte liegen strategisch günstig, sind surffreundlich und echt schön:
- North Spot Nazaré: Kleines Hotel mit beheizten, gemütlichen Zimmern und Community Area zum gemeinsamen Kochen & Grillen. Nur 800 m vom Praia do Norte entfernt.
- Casa do Mar: Home away from Home bzw. Hostel-Pension in Chic – liebevoll eingerichtete Zimmer mit Gemeinschaftsbad, netter Küche und lieben Vermietern. Etwa 1.000m vom Praia do Norte entfernt.
- Feel Nazaré: Helle, moderne Boutique Apartments in Nazaré Downtown, nahe der Promenade und Restaurants. Für alle, die viel Privatsphäre schätzen. Der Praia do Morte ist eine 2.500 m Wanderung oder kurze Autofahrt entfernt.
- Ohai Nazaré Outdoor Resort: Geniales Konzept – du schläfst im Kiefernwald in Holz-Chalets oder Glamping-Zelten, und kannst den Industrial Wasserpark nutzen. Super für Familien mit Kindern, ca. 4 km vom Praia do Norte entfernt.
Nazaré Unterkünfte: (1) Ohai Outdoor Resort, (2) Casa do Mar, (3) Feel Nazaré, (4) North Spot
Zum Thema Van Life: Übernachten im Van ist in Portugal seit Kurzem verboten (sofern es an einem Ort nicht offiziell erlaubt ist). Falls du also im Van schlafen willst (gerade während der Big Wave Challenges) empfehlen wir unbedingt, einen der nahen Campingplätze anzusteuern.
2. Big Wave Surfen: Ein ganz eigener Sport
Welle ist Welle und Brett ist Brett? Nein, auf keinen Fall! Zwar kann man sich von den Sportlern ein paar Dinge abgucken, um an der eigenen Technik in größeren Wellen zu feilen. Aber es gibt diverse Gründe, wieso Big Wave Surfen selbst mit normalem Wellenreiten nichts mehr zu tun hat, und wieso Otto-Normal-Surfer bei diesem Extremsport lieber nur aus sicherer Entfernung zusehen sollten…
2.1 Was Big Wave Surfen vom normalen Surfen abhebt
(1) Erst ab einer Wellengröße von ca. 20 Fuß (über 6 Meter) spricht man vom von Big Wave Surfen, nach oben hin sind die Möglichkeiten offen. In Nazaré sollen sogar schon 100 Fuß-Wellen gesurft worden sein, was über 30 Metern entspricht! Das ist quasi so, als würde man sich auf dem Surfboard von einem (rollenden) Hochhaus stürzen.
(2) Richtig große Big Waves sind durch normales Paddeln nicht mehr zu bekommen bzw. einfach zu riskant. Daher erfanden Surfer wie Laird Hamilton das Tow In Surfen, bei dem Sportler mittels Jet Ski in die massiven Wellen gezogen werden. Dies erfordert nochmal ganz eigene Skills, und viele Big Wave Surfer sind gleichzeitig auch im (ebenfalls nicht ungefährlichen) Jet Ski-Fahren wahre Meister. Die Jet Skis werden auch benötigt, um die Athleten nach einem Wipe Out sicher wieder aufzusammeln.
(3) Big Wave Surfer arbeiten mit speziellen Surfboards, den sogenannten Guns: Sie sind oft so lang, dick und schwer wie Longboards – aber viel schmaler, mit spitzer Nose und spitzem Tail. Das soll für Halt und gleichzeitig den Aufbau von Geschwindigkeit in den Monsterwellen sorgen. Beim Tow In Surfen sind etwas kürzere Bretter (teils mit Fußschlaufen) zu sehen, die leichter manövrierfähig sein sollen. Trotzdem haben Guns nur in den Händen der Profis etwas zu suchen – auch wenn man mancherorts versucht, sie als gebrauchte Bretter ahnungslosen Touristen anzudrehen.
Alex Botelho zeigt die Eigenheiten seines Sports: (1) Große Welle, (2) Wipe Out, (3) Kai Lenny birgt Alex‘ Board per Jetski, (4) Alex‘ Big Big Gun (Fotos 1-3: Kasia)
(4) Big Waves bergen krasse Energien, Geschwindigkeiten und Gefahren. Wer stürzt, wird von einem wassergewordenen Frachtzug überrollt und riskiert ernsthafte Verletzungen wie geplatzte Trommelfelle, Knochenbrüche, oder sogar das Leben. Ein Wipe Out bedeutet extreme Hold Downs, also viele Meter tief und für lange Zeit unter Wasser gedrückt zu werden. Darum sind Apnoe Training und mit „Lufttaschen“ gepolsterte Wetsuits ein Muss. Manche Surfer sehen wie „Ninja Turtles“ aus – weil ihre Rettungsweste so dick ist bzw. beim Sturz ausgelöst hat. Selbst das Handling dieses „Airbags“ will gelernt sein…
2.2 Big Wave Surfer trainieren extrem hart
Die Welt hielt den Atem an, als Maya Gabeira in Nazaré 2013 auf einer Big Wave stürzte und fast ertrank, oder als Andrew Cotton 2017 nach einem Wipe Out wie eine Kanonenkugel aus der Welle schoß und sich den Rücken brach. Was die beiden gemeinsam hatten: Sie überlebten dank der sagenhaften Rettung durch ihre Teams per Jet Ski, und trainierten nach der Genesung sofort eisern weiter, um ein Jahr später wieder an den Ort des Geschehens zurück zu kehren. Das zeigt, dass diese Athleten Nerven aus Stahl haben und eine Klasse für sich sind – allerdings kommen diese Skills nicht von ungefähr, wie das folgende Trainings-Video zeigt.
Die Liste der weltbesten Big Wave Surferinnen und Surfer hat nichts mit dem klassischen Surf Contest Teilnehmerfeld zu tun. Natürlich sind die „Biggies“ auch in der Lage, ein Shortboard zu rocken, aber ihr übliches Spielfeld und Trainingsregiment sind auf Monsterwellen zugeschnitten. Das beinhaltet Apnoe-Übungen zum langen Luftanhalten, Schwimmen sowie Kraft- und Ausdauertraining unter Wasser, um mit Nahtoderlebnissen umzugehen. Zudem müssen Big Wave Surfer Jetski-Fahren lernen, um Kollegen beim Tow-In sicher in die Wellen zu bringen und im heftigem Whitewash schnell wiederzufinden – selbst wenn das einen Wipe Out mit den schweren Maschinen bedeuten kann. Falls du mal einem Waterman in Nazaré über die Schulter schauen willst: In diesem Video bist du mit Kai Lenny, berüchtigt für Furchtlosigkeit und Tricks, auf der Gun dabei!
2.3 Die Big Wave Szene als eingeschworener Club
Dokus wie The Big Wave Project – A Band of Brothers zeigen einen eingeschworenen Club. Die meisten Profis sind deutlich ältere Haudegen, als sich sonst in den WSL-Rängen tummeln, und kennen sich seit vielen Jahren. Seniore und etwas verrückte Haudegen, die viel miteinander durchgestanden haben, aber gern „Nachwuchs“ aufnehmen. Der muss sich natürlich beweisen und hat gerade in Nazaré Muffensausen. Kein Wunder, betont doch die erfahrene Elite wie Garrett McNamara, dass der Aufbau von Wissen zu den Tücken des Spots überlebenswichtig ist. Bei der Feuertaufe bekam das Newcomer Russell Bierke zu spüren und endete in der heftigsten Waschmaschine Portugals. Das hat seinem ebenfalls neuen Kollegen nicht gerade Mut gemacht:
„I was absolutely shitting my pants and really didn't want to let go of the rope. Just sitting on a ski in such an unruly ocean is terrifying. It was my turn after Russ‘ horrific wipeout and to be honest, I just wanted to go back to the harbour. Carlos (Burle) ended up convincing me I'd be alright and whipped me into the biggest wave of my life. I expected to be ecstatic and full of adrenalin (…) but I just felt scared. For me, the risk doesn't feel worth the reward towing out there.”
(Conor Maguire, irischer Big Wave Surfer)
Russell Bierke und seine ihn anfeuernden Kollegen (Foto: Kasia)
Immerhin: Wenn sie‘s denn halbwegs überstehen, soll ein Wipe Out in Nazaré den Nachwuchstalenten Glück bringen, und allemal den Respekt der Stammesältesten. Russell Bierke hat das erste Mal dort nicht nur prima überstanden, sondern sich mittlerweile sogar einen respektablen Platz im WSL Ranking erkämpft. Dennoch sagen selbst manch Hartgesottene der Next Big Wave Generation hier – nein Danke!
3. Die WSL Big Wave Challenge in Nazaré
In der Big Wave Tour der World Surf League, zu der früher auch Stopps wie Mavericks in Kalifornien oder Punta Galea in Galizien gehörten, ist Nazaré seit Jahren eine feste Größe. Das macht die WSL Big Wave Challenge buchstäblich zum „größten“ Event, auf das alle in Portugal hin fiebern! Aktuell misst sich die Big Wave Elite hier ausschließlich beim Tow In Surfen, bei dem Jet Skis die Surfer in die Wellen ziehen. So kann man besonders große Wasserberge bezwingen. Zusätzlich treten die Teilnehmer beim Paddle In Event in Jaws (Hawaii) an, wo die Wellen selbst angepaddelt werden müssen. Neben dem Contest-Sieg geht es bei der Big Wave Challenge um die am größten und besten gerittenen Wellen – denn sie fließen in die weltweiten WSL Big Wave Awards mit ein. Bei denen wird übrigens auch der härteste Wipe Out prämiert 😉
Die WSL Big Wave Challenge in Nazaré wird im großzügig bemessenen Zeitraum zwischen November und März ausgerufen. Sobald die Bedingungen stimmen – und es vermutlich gut in den Zeitplan des breiten Teilnehmerfelds passt – wird von den Organisatoren „Green Alert“ erteilt. Dann reisen alle internationalen Sportler binnen Tagen nach Portugal, sofern sie nicht schon dort sind. Gerade die Portugiesen (z.B. Alex Botelho und Hugo Vau) und die Brasilianer (wie Lucas Chianca oder Maya Gabeira) bilden eine enge Community, und trainieren oft schon vor dem WSL Event in Nazaré. Genauso wie andere europäische Big Wave Surfer, z.B. Andrew Cotton (UK) oder Justine DuPont (Frankreich).
WSL Big Wave Challenge in Nazaré: (1) Judge Zelt, (2) Zuschauer auf den Klippen, (3) Heat-Ergebnisse am Screen, (4) Billy Kemper beim Ritt… und (5) Wipe Out, (6) Siegerehrung (Fotos: Kasia)
Dieses Jahr treten die Big Wave Surfer in Nazaré übrigens als Teams an, bei denen immer einer surft und der andere den Jet Ski fährt. Spannend: Maya Gabeira aus Brasilien und Sebastian Steudtner aus Deutschland bilden ein gemischtes Doppel! Neben Maya ist mit Justine Dupont aber nur eine weitere Frau dabei. Leider muss die weibliche Big Wave Szene noch stark um Anerkennung kämpfen – ein Teilsieg war, dass Maya Gabeira erfolgreich eine Petition für einen eigenen (weltweiten) Big Wave Award der Damen gestartet hat. Hier dürfte die Community um Bianca Valenti aus Kalifornien ein Vorbild sein, die sich ihr Daseinsrecht in Mavericks hart erkämpft hat.
4. Big Wave Watching in Nazaré: So haben wir es erlebt
Das erste Mal Wellengucken Nazaré vergisst man nicht! Zumindest, wenn die Bedingungen stimmen. Dank Surf Dokus wie Big Wave: Ein Leben zwischen Monsterwelle und Todesangst über Sebastian Steudtner – den Deutschen, der mit 13 Jahren nach Hawaii ausgewandert ist, um sich dem Extremsport zu widmen und Wellen wie Nazaré zu bezwingen – war ich angefixt.
Mittlerweile war ich einige Male in Nazaré, und erlebte immer einen spannenden Krimi. Das Panorama am Leuchtturm, mit den Silhouetten unzähliger Menschen auf den Klippen, die das Spektakel verfolgen. Die andonnernde Monsterwelle, liebevoll „Big Mama“ genannt, wie sie die Felsen zum Zittern bringt. Ein Getümmel aus Profis und Jetskis im Wasser. Raunen in der Zuschauermenge, wenn ein Athlet – winzigklein mit einer riesigen Wasserlawine Rücken – einen Hammerritt hinlegt. Oder das entsetzte Aufschreien bei heftigen Wipe Outs inklusive hektischer Rettungsaktionen der Tow In Crews. Aufatmen, wenn der gestürzte Surfer auftaucht und sich völlig fertig an die Matte vom Jet Ski klammert.
Selbst wenn gerade keine WSL Big Wave Challenge ist: Bei den passenden Bedingungen im Winter lohnt sich ein Besuch in Nazaré zum Big Wave Watching allemal! Denn dann sind meistens trotzdem viele Profis am trainieren – mitunter bei deutlich größeren Wellen – und es herrscht viel weniger Trubel als zur Contest-Zeit.
Unser letzter Besuch zum Freesurfing in Nazaré: (1) Weg zum Leuchtturm, (2) Besucher, (3) Big Mama zum Sundowner
Für einen echten Big Wave Watching Tag in Nazare muss man wie gesagt den Surf Forecast im Blick haben und in der Lage sein, spontan hinzufahren. Die größten und cleansten Wellen sah ich dort aber noch nie zur WSL Big Wave Challenge, sondern beim Freesurfing! Zum WSL Contest der letzten Jahre war es oft „nur“ mittelgroß, teils mit starkem Onshore-Wind. Einmal gab es mangels Größe gar kein Tow-In Surfen, sondern Paddle-Ins – auch sehenswert. Dennoch: Die besten Bedingungen in Nazaré richten sich eben nicht nach den Organisatoren der WSL (oder umgekehrt). Und das wissen natürlich auch die Sportler.
Übrigens: Wenn du nicht in Portugal zu sein kannst, dann kannst du das Geschehen auch online verfolgen. Zum Beispiel im Livestream der WSL Big Wave Challenge oder bei den Gigantes de Nazare auf Instagram – die in den meisten Jahren auch einen eigenen Contest abhalten!
5. Nazaré Insider: Weitere Tipps für deinen Besuch
Natürlich geht’s in Nazaré in erster Linie um Big Wave Watching. Die wenigsten wissen aber, dass man in dem hübschen Küstenort noch mehr erleben kann. Darum will ich abschließend noch ein paar echte Insider-Tipps verraten, die man sich nicht entgehen lassen sollte!
5.1 Das Big Wave Surf Museum im Leuchtturm
Von außen kaum wahrnehmbar verbirgt sich im Leuchtturm (Farol da Nazaré) ein kleines Big Wave Surf Museum. Der Eintritt kostet pro Person nur etwa einen Euro. Drinnen erfährst du genau, wie die großen Wellen vor Ort entstehen, wie sich Big Wave Surfen in Portugal entwickelt hat und welche Persönlichkeiten man kennen sollte. Uns haben die vielen Fotos und das Gewölbe mit der Ausstellung der bunten Guns bekannter Athleten sehr beeindruckt. Auch das weitere Equipment wie Jet Skis und Westen sind zu sehen. Und das Beste: Nach dem Museumsbesuch kannst du auf der Terrasse des Leuchtturms einen tollen Blick auf den Spot und Nazaré genießen!
Big Wave Museum in Nazaré: (1) Diverse Guns, (2) Wetsuit, (3) Infos zu Athleten, (4) Ausblick vom Leuchtturm
5.2 Ein Bummel durch die Gassen von Nazare
Wenn du zum Big Wave Watching vor Ort bist, dann schau dir unbedingt auch Nazaré selbst an. Denn der kleine Küstenort ist wirklich hübsch und hat eine Strandpromenade mit netten Cafés, die ein wenig an Beach Towns von Kalifornien erinnert. Dort essen wir gern lokale Spezialitäten wie einen Galão mit Pasteis de Nata (Milchkaffee mit Puddingteilchen) oder Bacalhau à Brás (eine Art Kartoffelauflauf mit eingelegtem Salz-Kabeljau). Gerade an sonnigen Wochenenden flanieren die Portugiesen hier gern und sitzen am Beach.
Extra-Tipps: An Feiertagen wie Ostern ziehen Folklore-Paraden durch die Stadt. Nach dem Umzug sahen wir zahlreiche Damenkränzchen in Tracht, wie sie in den kleinen Gässchen eine Art Prellball mit Tennisbällen spielten. Und wenn du auf Relaxen im Spa stehst – Thalasso Nazare bietet Heilbäder, Massagen und mehr mit Ausblick auf den Ozean! Macht selbst an kalten Regentagen Laune.
Nazaré Downtown: (1) Blick auf den Ort, (2) Boot am Beach, (3) lokale Spezialitäten
5.3 Kann man selbst in Nazaré surfen?!
Falls du dich fragst, ob man auch als Otto-Normal-Wellenreiter in Nazaré surfen kann: Am Praia do Norte würden das die meisten Einheimischen wohl eher verneinen. Zwar kann man an kleinen Tagen dort auch Shortboarder sehen, doch handelt es sich meistens um sehr, sehr gute Locals – die ihren Spot ganz genau kennen und wissen, dass er mit seinen tückischen Strömungen und Freak Sets nie zu unterschätzen ist. Vor Localism und den zu erwartenden Umgang mit ungebetenen Gästen, die sich nicht benehmen wissen bzw. überschätzen, warnt genau am Strand auch ein Schild.
Allerdings gibt es in Nazaré Downtown einen weiteren Beachbreak (siehe Foto oben), an dem man Shortboarder, Longboarder, Bodyboarder und teils sogar Bodysurfer mit ihren Handplanes sehen kann. Er wirkt etwas vertrauenserweckender, ist aber an guten Tagen eine superschnelle und hohle Welle, die im fetten Shorebreak endet. Und du kannst der Rip Current quasi dabei zusehen, wie sie die Leute aufs Meer saugt – praktisch, wenn man damit umgehen kann, sonst tricky und gefährlich. Tja: Zum Surfen ist Nazaré ist wirklich nur was für Profis und Advanced Surfer! Wenn du selbst aufs Brett willst, empfehlen wir in unserem Portugal-Surfguide alternative Orte – die teils nicht weit von Nazaré weg sind.
3 comments
Liebe Heidi,
ich habe viel über Nazare gelesen und gesehen. Weil ich schon lange dringend da hin will und die Big Mamas sehen möchte. Dein Blog ist wirklich wunderbar. Danke für die vielen Tipps und Infos und vor allem für die Bilder! Jetzt gerade offen auf dem Bildschirm: Füge nach Lissabon :))) Danke Dir und immer eine Handbreit unter der Finne.
Genug gelesen !
Wir haben einen Flug am 6.2.2023 nach Lissabon gebucht.
Hotelunterkunft für die ersten 2 Tage in Nazare !
Viel Spaß!