Salut, mon amis! So begrüßt man sich in Montreal, im französischsprachigen Teil Kanadas. Hier verbrachte ich mit Chris wirklich viel Zeit, nachdem wir Deutschland für eine Weile verlassen und zur Weltreise aufgebrochen waren. Als digitale Nomaden sind wir mit Online Jobs unterwegs und fanden in Montreal einen sicheren und wunderschönen „Hafen“ zum Ankern. Die zweitgrößte Stadt Kanadas mit rund 4 Millionen Einwohnern liegt an der Ostküste in der Provinz Quebec. Offiziell ist die Region bilingual, in der Realität spricht und lebt man aber Französisch. Schon eigenartig, wenn man das erste Mal nach Nordamerika reist und sich dort wie in Frankreich fühlt 🙂
Nach relativ kurzer Zeit hatte uns Kanada bereits im Sturm erobert, und dass obwohl wir damals in den ersten Wochen noch nicht einmal surfen waren. Wie kann das nur sein? Ganz einfach: Montreal ist eine echte Summer City, in der das Leben in den warmen Monaten des Jahres geradezu tobt. In diesem Beitrag verrate ich dir meine Insider Tipps, Kurioses und wieso ich mich in Montreal verliebt habe!
1. Montreal: Wenn es Surfer in den Osten Kanadas verschlägt
Kanada setzte ich ganz bewusst als ersten Stopp auf meine Weltreise Route. Einerseits hat mich das Land der Bären schon immer gereizt und andererseits konnte ich für 2016 – mein Weltreisejahr – ein Work & Travel Visum ergattern! Es war für mich der Point of no Return, da auf einmal ein Abreisedatum feststand. Gleichzeitig ermöglichte mir das Visum ein Jahr in Kanada zu arbeiten, egal ob selbständig oder in fester Anstellung. Falls unsere eigenen Projekte nicht den erhofften Erfolg bringen oder die Ersparnisse aufgebraucht sein würden, konnte ich also z.B. in einem kanadischen Office, auf einer Farm, in einer Surfschule oder einer Mountain Lodge die Brötchen verdienen.
1.1 Viele Gründe sprechen für Montreal
Montreal wählte ich als meine erste Stadt in der kanadischen Fremde, um gut in meine neue Arbeitsroutine als digitale Nomadin reinzukommen. Dazu zählten neben dem Aufbau von meerdavon z.B. auch die Betreuung von unserem Kaffee-Label Happy Coffee inklusive großem Online-Kaffeemagazin. Für diese Aufgaben und eine gute Work-Life-Balance hat sich Montreal als optimal erwiesen, denn es bietet auf kleinem Raum das beste aus allen Welten: Natur, Kultur und Laissez-Faire Attitude. Objektiv sprechen für Montreal folgende Gründe:
- Als eine der schönsten Städte Kanadas vereint Montreal europäischen Charme mit nordamerikanischer Kultur. Du findest z.B. traditionelle Architektur, riesige Parks zum Boule-Spielen, verrückte Clubs, legendäre Festivals und sehr gutes Essen – und hast gleichzeitig endlose Wälder, schnuckelige Kirchen, Wein- und Käserouten im Hinterland sowie wilde Elche vor der Tür. Genau wie Quebec City – ebenfalls eine Reise wert!
- Der Sommer in Montreal ist berüchtigt und immer sehr warm – Kälteeinbrüche sind abgesehen von milden Sommergewittern eher selten. Super, denn wenn ich schon reise, dann will ich Sonne! Das ist irgendwie auch ausgleichende Gerechtigkeit für die harten Winter, die die Locals mit Eishockey und Ausflügen zu Ahornsirup-Zapfhäusern („Maple Shacks“) verbringen. Im Sommer wird mit wenig Textilien gefeiert!
- Montreal ist zwar nicht am Meer, aber von Wasser umgeben: Die Stadt liegt auf Inseln mitten im Sankt-Lorenzstrom, einem der größten Flüsse Nordamerikas. Hier kann man sogar Riversurfen! Und der heilige Lorenz, der eine große Schneise durch die Stadt schlägt, ist ebenfalls klasse, um dort nach Feierabend am Ufer ein leckeres Craft Bierchen zu trinken und die Füße baumeln zu lassen.
- Die Reisezeit nach Montreal ist erstaunlich überschaubar! Von Deutschland aus ist man nach einem kurzem Zwischenstopp in Island in ca. 6 Flugstunden dort. Aus dem Grund fliegen viele Montrealer auch eher in den Urlaub nach Frankreich als rüber an Kanadas Westküste, wo man mindestens genauso lange hin braucht.
1.2 Montreal ist das Tor zu den Wellen von Kanada
Naja, zumindest wenn du aus Europa kommst und die kanadische Ostküste als nächstgelegenes Ziel ansteuern willst! Tatsächlich findet sich bereits in Montreal eine Surf Community, was dem Sankt-Lorenz-Strom und der Möglichkeit des Riversurfens zu verdanken ist. Allerdings ist dieser reisende Strom wirklich sehr breit und sehr wild, so dass man lieber nicht auf eigene Faust reingehen sollte. Beim Wipe Out wird man erstmal ins Nirvana gespült – so sah es zumindest aus. Zum Glück gibt es mit KSF in Montreal eine fantastische Surfschule, die für alle Level Riversurf-Kurse anbietet – genauso wie Stand Up Paddling und Kayaking.
Ansonsten lohnt sich Montreal auch als Zwischenstopp, wenn dir nach „echten“ Meereswellen ist. Noch nicht probiert, aber auf unserer Wunschliste ganz oben stehen z.B. die launischen Wellen an der Ostküste. Zum Beispiel an der Halbinsel Gaspé, die zu Quebec gehört, und natürlich in der Nachbarprovinz Nova Scotia, wo man von Montreal aus in schlappen 14 Stunden Roadtrip ankommt. Nach kanadischen Dimensionen ein Katzensprung! Ansonsten kannst du von Montreal an die Westküste nach Vancouver weiterfliegen und von hier aus die Surfspots von Vancouver Island bzw. vom Surf Mekka Tofino erkunden.
2. Summer in the City: So feiert man in Montreal die warme Jahreszeit
Montreal war für mich eine glasklare Sache. Tatsächlich wurde ich nicht enttäuscht: Ich bereute für keine Sekunde dort zu sein, sondern kehrte sogar am Ende der Weltreise noch einmal dorthin zurück. Denn Montreal entpuppte sich als echte Summer City! Hier ist der Sommer die beste Zeit des Jahres, weil sich wirklich alles Draußen abspielt. Dafür werden von Mai bis September ganze Straßenzüge (z.B. im grünen Le Plateau und lebhaften Gay Village) für den Autoverkehr gesperrt, um besser feiern zu können. Locals erklärten mir dieses fast mediterrane Lebensgefühl so:
„Unsere Winter sind lang, dunkel und bitterkalt mit meterhohem Schnee. Sobald das Thermometer im Mai die 15 Grad-Marke überschreitet, ist für uns Sommer. Man reißt sich die Kleidung vom Leib und genießt einfach das Leben vor der Tür!“
Das bedeutet: Jede Woche finden neue Festivals statt, Picknicks im Park ersetzen das Abendessen und jeder ist in der frischen Luft auf den Beinen, gehüllt in die feschsten Sommerklamotten. Logo! Bei konstanten Temperaturen zwischen 25 und 35 Grad wird die Outdoor Kultur in Montreal eben perfektioniert. Und wie genau das aussieht, will ich dir nun etwas genauer vorstellen.
2.1 Outdoor Living: Entertainment & Sport kostenlos genießen
Ich habe noch keine Stadt erlebt, die so viel Entertainment für lau bietet. Jeden Tag findet man in Montreals Straßen mit etwas Neugier und offenen Augen ein tolles Event. Kleine Anekdote: Beim Abendspaziergang durch das pinke Gay Village bog ich am Quartier de Spectacles ab, einer Mischung aus Freiluft-Park, Artistengelände und Open Air Bar. Im magischen Dämmerlicht hatten sich Hunderte Menschen versammelt und ein DJ brachte die Crowd mit französischem Dub Step zum Tanzen, vom Teen bis zur lustigen Omi. Plötzlich verwandelt sich das Terrain mit über 90 Artisten in einen Frei-Luftzirkus, der dem Cirque du Soleil alle Ehre machte. Und das alles for free!
Neben solchen Events fördert Montreal ebenfalls Sport und Infrastruktur: Öffentliche Hallenbäder sind ganzjährig kostenlos nutzbar und im Sommer wird das Angebot auf Freibäder erweitert. Außerdem sind in der City überall Outdoor Trim-dich-Pfade, die den Besuch im Fitnessstudio unnötig machen. Beliebt sind die städtischen Bixi Bikes (Leihfahrräder), die sonntags kostenlos nutzbar sind. Zum Beispiel für eine Tour zum Mount Royal, der über Montreal thronende Hügel, wo sich die Trommler der Tam Tams zur Sonntagnachmittag-Session trifft.
Ebenfalls eine schöne Kuriosität sind vielen Pianos, die im Sommer in der ganzen Stadt an verschiedensten Ecken (z.B. in Parks oder auf Plätzen) aufgestellt werden. Dort kannst du selbst Klimpern oder Easy Listening betreiben, und anderen Hobby-Pianisten zuhören. Und toll für den Abend sind die Movies in the Park, wo man gratis Filme auf der Großleinwand schauen kann!
2.2 Festival Saison: Jeden Tag liegt Musik in der Luft
Montrealer nennen den Sommer liebevoll „Festival Season“, denn jede Woche stehen mehrere neue Festivals für alle Musikgeschmäcker zur Auswahl. Man zelebriert diese Zeit und ist ständig in Bewegung. Die bekanntesten und größten Events sind zum Beispiel diese hier:
- Heavy Montreal: Umgeben vom Wasser findet das Pendant zum Wacken-Festival mitten in der City statt, im grünen Park Jean Drapeau. Headbangen mit der freundlichsten Crowd der Welt, und das zu Künstlern wie Marilyn Manson, Slayer und Limp Bizkit!
- International Jazz Festival: Herrlich entspannte Tunes mit den besten Jazz & Soul Stimmen erklingen an diversen Orten in Downtown – jeden Tag, fast zwei Wochen lang.
- Les Francofolies de Montreal: Das größte Festival für französischsprachige Musik der Welt, mit Chanson, Hip Hop, Pop & Co. Über 10 Tage und die meisten Konzerte sind kostenlos!
- Montebello Rockfest: Eines der größten Punkrock Festivals von Nordamerika, das unweit von Montreal stattfindet. Auf der Bühne war schon alles, was Rang und Namen hat (z.B. Blink 182, Bad Religion, Rancid, Rise Against und NO FX).
- Osheaga: Als Alternative zum Coachella ist dieses Indie Festival authentischer und wesentlich preiswerter. Dickes Line Up, citynahe Lage im Grünen und am Wasser!
Du hast etwas Platzangst oder stehst einfach nicht so auf die ganz großen Festivals? Macht nix: Als Fan kleiner Events habe ich oft einen lokalen Eventkalender gecheckt und bin so z.B. auf das verrückte Fringe Performance Festival, das Piknic Electronik und das kostenlose Festival Folk sur le Canal gestoßen. Die Möglichkeiten sind hier in Montreal wirklich endlos! Seit Kurzem gibt es mit dem SUP Fest sogar ein Surf Festival in Montreal!
2.3 Stadt-Spaziergänge: Montreals bunte Viertel entdecken
Montreal ist eine der Städte, in denen jedes Viertel ein anderes Gesicht und einen speziellen Vibe hat: Im lauschig-grünen Le Plateau schmiegen sich bunte Häuschen mit Eisenbalkonen aneinander und die Bohéme flaniert auf den Straßen. Mile End & Mile Ex zählen mit individuellen Shops und Industrial Chic zu den Hipster Gegenden dieser Welt. In Little Italy röhren Lamborghinis durch die Straßen, während Mama zuhause Pasta kocht. Und in der Hafencity treffen alte Kähne auf junge Flusswellensurfer. Das sind nur einige Beispiele für die kulturelle Vielfalt von Montréal! Du kannst hier jeden Tag durch eine andere Welt spazieren, ohne deine Stadt zu verlassen.
Eindrücke aus Montreal: (1) Le Plateau – bunte Fassaden mit Eisenbalkonen, (2) Old Montreal – Parks und alte Achtitektur, (3) Cite de la Havre – die andere Seite vom Wasser, (4) Downtown – Eiscremeshop
(Noch) ein kleiner Geheimtipp sind die Viertel Rosemont & Le Petit Patrie, die mit einem lässigen Mix aus Alt und Jung, Cafés und Indie Pubs sowie bunten Gemüsemärkten an Hamburgs Schanzenviertel vor der Gentrifizierung erinnern. Aber egal wohin ich in Montreal ging: Jede Ecke hatte ihren eigenen Charme!
2.4 Street Art: Kunst for free ziert Häuserfassaden
Street Art ist noch ein guter Grund, sich in Montreal einfach treiben zu lassen und auf Erkundungstouren zu gehen. Nein, ich meine damit weder verschandelte U-Bahnen noch geheime Sprayer Gangzeichen, die in deutschen Städten jeden zweiten Stromkasten zieren. Montreal wird dem Ruf als Kunst-Epizentrum auch auf der Straße gerecht: Wunderschöne Gemälde zieren ganze Häuserfronten und die internationale Graffiti-Elite kommt einmal pro Jahr für das Mural Festival in die Stadt, um sie noch ein bisschen bunter zu machen. Wer im Juni mit aufmerksamen Augen durch Montreal spaziert, kann wahrscheinlich renommierte Artists mit Spraydose bei der Arbeit beobachten.
Montreal ist dank Streetart ein Freiluft-Museum: (1) Grandma & Blob, (2) Skull, (3) Realistische Mädels auf Häuserwänden
2.5 Überall Wasser: Das Meer ist fern, kühles Nass aber nah
Du bist im Sommer in Montreal, bekommst ein bisschen den City-Koller und willst dringend baden? Kein Problem! Geh entweder in einen der vielen Parks mit viel grüner Natur oder miete dir ein Auto, um schnell in einen der nahen Nationalparks mit Strandbädern (z.B. Park Saint Jaques oder Oka National Park) zu düsen. Ebenfalls eine gute Idee ist ein Roadtrip zu den Eastern Townships (Cantons de l’Est), wo du zwischen Lavendelfeldern wandeln, Wein und Käse verkosen und dich anschließend an kühlen Bergseen entspannen kannst.
Immer wenn mir in Montreal das Meer gefehlt hat, bin ich meistens einfach ans Ufer des Sankt-Lorenz-Stroms gefahren. Da der mächtige Fluss die „Ile de Montreal“ – auf der fast die gesamte Stadt liegt – sowie die kleinen Nachbarinseln umspült, findet man immer ein Plätzchen, wo man bei einem kühlen Getränk die Füße ins Wasser halten kann. Sogar Riversurfen ist auf dem Sankt-Lorenz-Strom möglich (siehe folgendes Video): Am Habitat 67 Building in der Cite de L'Havre läuft eine endlos stehende Welle, auf der man Wellenreiten, Stand Up Paddeln und Kajaken kann. Da beim Surfen im Fluss einiges anderes ist als im Ozean, ist ein Kurs bei der Surfschule KSF eine gute Idee.
2.6 Fête Nationale: Feiern wie ein Kanadier
Die Montrealer lieben es zu feiern und sind wahnsinnig stolz auf ihre französischsprachige Provinz Quebec! Darum ist die Fête Nationale du Québec am 24. Juni – offiziell „Saint Jean Baptiste“ genannt – für sie auch wesentlich wichtiger als der eine Woche später folgende Canada Day. Zumindest kommt einem das so vor! Zur Fête Nationale ist die ganze Stadt ist im Ausnahmezustand und trägt im Sinne der Provinz-Flagge blau-weiße Outfits mit Lilien-Emblem. Alles wird prachtvoll geschmückt, es gibt eine bunte Straßenparade und ein riesiges, kostenloses Open Air Konzert mit bekannten (natürlich französischsprachigen!) Musikern in der City. Und, na Logo, ein riesiges Feuerwerk – auch darin sind die Kanadier Meister!
Doch den eigentlichen Zauber der Fête Nationale machen die sogenannten Fêtes de Quartier aus. Dabei handelt es sich um fette Nachbarschaftsparties, von denen es in jedem Viertel Montreals gleich mehrere gibt! Neben Bühnen mit musikalischem Programm gibt es viel gutes Essen und jede Menge Gaudi. Die Fêtes de Quartier sind für jeden zugänglich und sehr zu empfehlen, um den Vibe der Stadtteile aufzusaugen und mit Locals zu feiern. Mein Highlight waren die Kids, die zur Live-Musik im Wasserstrahl der geöffneten Hydranten herumtollten 🙂
Montreal feiert: (1) + (2) Straßenumzug zur Fete Nationale by fetenatmtl, (3) Fete de Quartier in Villeray
2.7 Foodie Heaven: Montreals lebendige Street Food Kultur
Ich fotografiere zwar nicht (immer) mein Essen, bin aber trotzdem ein kleiner Foodie. Die Jagd nach Leckereien macht natürlich besonders viel Spaß, wenn man sie in einer Stadt wie Montreal draußen genießen kann. Denn Food Truck Festivals sind hier ein großes Thema! Im angesagten Stadtteil Mile Ex findet zwischen Lagerhäusern zu elektronischen Klängen einmal im Monat der Marche de Nuit mit Food Trucks, Shopping und Cocktails statt. Allein schon zum Leute-Gucken ist diese Block Party einen Besuch wert! Und wenn du schon dort bist, dann gönn dir gleich einen Drink in Bar Alexandraplatz, die mindestens genauso hip ist wie die angesagteste Kneipe in Berlin.
Ähnlich locker wie in Mile Ex laufen die anderen Street Food Events in Montreal ab. Da wären beispielsweise die First Fidays am Olympiastadium und die Messe Bouffons Montreal, ein Gourmet Open Air Dorf. Feinschmecker zieht es zu Yul Eat, wo Sterneköche sündige Häppchen und ihr Wissen unters Volk bringen. Einen Grund zum Schlemmen gibt es immer – und eine gute Übersicht über die Montrealer Foodie Events findest du hier.
3. Kleine Eigenheiten, die Montreal einfach liebenswert machen
Eine Stadt verankert sich immer dann fest in meinem Gedächtnis und Herz, wenn ich ihre kleinen Eigenheiten und Kuriositäten entdecke. Vielleicht geht es dir ja ähnlich, wenn du mit besonders wachen Augen durch deine Lieblingsstadt läufst. In Montreal ist mir jedenfalls einiges aufgefallen, was neben der lebendigen Outdoor Kultur im Sommer für dieses kanadische Kleinod spricht!
3.1 Das Nationalgericht Poutine
Poutine (ausgesprochen „Putsin“) ist das Nationalgericht in Quebec und auch bei Food Festivals ein Hit. Zugegeben, es klingt zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig: Pommes mit Bratensoße und Cheese Curd, mit verschiedenen Toppings nach Wahl! Eine verrückte Mischung, die absolut süchtig macht und bei den Montrealern oft auf dem Tisch steht. Und die Frage, wo es die beste Poutine der Stadt gibt, scheidet natürlich die Geister. Mein Favorit: Die Poutine bei Ma Poule Mouillée mit Chorizo und Brathähnchen im Viertel Le Plateau. Wenn schon, denn schon 🙂
3.2 Superoffene Menschen
Man hört ja ab und an, dass Kanadier die besseren Amerikaner seien. Nun ja, an dieser Stelle spiele ich mal Schweiz und verkneife mir einen Kommentar. Fest steht aber, dass die Menschen in Montreal vor Lebensfreude nur so sprühen. Sie sind herzlich, immer offen für einen spontanen Plausch, sie lieben gute Parties und zeigen Gästen gern ihre Stadt. Wer hier mit offenem Herz durch die Gegend läuft, wird schnell nette Bekanntschaften schließen. Ein wenig Französisch hilft – trotz Zweisprachigkeit fühlen sich die Menschen in Quebec mit der Landessprache etwas wohler als mit Englisch.
In Montreal fand ich nach einer Woche Freunde, die mir ihre Welt eröffneten. Alles begann mit einem TV-Gerät, das zur Fußball-WM in einer deutschen Bar namens „Das Bier“ versagte, woraufhin uns die Karawane mit in ihre Eckkneipe nahm. Es menschelte ungemein, wir sahen uns ab dann fast täglich, und die Crew schmiss sogar sogar eine Spontan-Party zu Christians Geburtstag. Wir sind noch immer in regem Kontakt und haben uns sogar schon wieder gesehen, als wir nach dem ersten Besuch wieder nach Montreal zurückkehrten. Und eine sehr bizarre Nacht in einer britischen Konklave der Stadt – einer Underground Country-Karaoke-Bar – verbrachen. Gros bisous, mon amis!
3.3 Eichhörnchen an jeder Ecke
Eichhörnchen sind in Montreal das, was in Hamburg die Möwen sind: Immer da, in großer Anzahl vorhanden, und Teil des Stadtbilds. Ja, und bestimmt hinterlassen sie auch gern mal ein Häufchen, doch das fiel mir nicht wirklich auf. Morgens grüßen die Nager bereits auf dem Balkon, abends toben sie im Park um deine Picknick-Decke herum. Wer ihnen zuschaut wird feststellen, dass sie im Kunststücke nicht verlegen sind. Ein Highlight: Die weißen Albino-Eichhörnchen im Park Lafontaine!
3.4 I like to move it move it…
Ja, die Montrealer sind gern unterwegs. Im Sommer am liebsten natürlich draußen, und dafür gibt es neben den vielen Events noch zwei gute Gründe: Erstens Pétanque, das in Frankreich als „Boule“ bekannte Spiel mit den Eisenkugeln, die auf Erdflächen um die Wette geworfen werden. Und zweitens das Getränk in der Hand, mit dem Pétanque noch mehr Spaß macht! Während Alkoholtrinken auf der Straße verboten ist, so wird ein Drink als „Begleiter“ eines offensichtlichen Picknicks geduldet. Kein Wunder, das Picknicken im kanadischen Sommer Pflicht ist – man spart sich die teuren Alkohol-Preise in Restaurants, von denen übrigens einige gegen eine kleine Gebühr BYOB („Bring your on bottle“) anbieten.
Ansonsten herrscht vor allem am 1. Juli immer viel Bewegung in Montreal: Dann ist nicht nur der Nationalfeiertag (Canada Day), sondern auch Moving Day. Er geht auf altes Brauchtum zurück und führt in den kanadischen Städten, wo Hauseigentümer in der Unterzahl sind, zu wahren Völkerwanderungen.
3.5 Kalter Winter? Kein Problem!
Montreal ist bekannt für seine warmen und intensiven Sommer, aber genauso gut für extrem kalte Winter. Bis -40 °C sind durchaus drin, mit meterhohen Schneedecken. Aber selbst dann verkriecht man sich der Eiseskälte zum trotz nicht hinterm Ofen, sondern holt einfach die ganz dicken Klamotte im Zwiebellook raus. Eishockey, Skifahren und Schnee-Yoga (!) sind in der frostigen Jahreszeit sehr beliebt, genauso wie der Besuch von Sugar Shacks, wo Ahornsirup geerntet und verkostet wird. Und ab und an wird man sogar einen Snowboarder die verschneiten Hügel von Montreal hinunter heizen sehen…
4. Montreal, mon amour: Wie es mit uns weitergeht
Für uns war Montreal einfach bezaubernd! Deswegen haben wir hier nicht nur unsere Weltreise begonnen, sondern sie auch beendet – mit einem zweiten Besuch. Der wurde sogar mit einem sentimentalen Tattoo (nein, kein Ahornblatt!) gekrönt. Dieses Wiedersehen ist jetzt allerdings schon wieder zwei Jahre her! Mit Lieblingsstädten ist es meiner Meinung nach wie mit guten Freunden: Die Beziehungen zu ihnen wollen gepflegt werden. Darum steht fest, dass uns Montreal spätestens nächstes Jahr wiedersehen wird.
Und falls es dich auch nach Montreal an Kanadas Ostküste verschlägt: Für den Aufenthalt kann ich dir ein schönes AirBnB Apartment empfehlen, das du dir aber gerade in der wilden Festival-Saison im Sommer rechtzeitig sichern musst. Übrigens fanden wir Montreal persönlich viel schöner als Vancouver an der Westküste – eine Stadt, deren Hype wir nicht ganz nachvollziehen konnten. Was allerdings in British Columbia toll war, ist das Surf-Mekka Tofino und ganz Vancouver Island – hierhin würde ich (nach ordentlich Sparen!) ebenfalls zurückkehren.
Title Picture: „Vibrant Hot Air Balloons“ by Nicolas Raymond under the license CC BY 2.0 / size cropped from original.