Surfen ist ein fantastischer Sport und ein bisschen wie Schach: Statt dem gekachelten Brett ist das Line Up im Meer unser Spielfeld. Wir Surfer sind die Schachfiguren, die miteinander agieren, hoffentlich ohne Schachmatt. Und unsere Positionen und Züge werden ebenfalls von einem Regelwerk, nämlich der Surf Etikette, vorgegeben. Klingt ganz rational und logisch. Doch warum keilen wir uns manchmal trotzdem wie die Kinder und schaffen es nicht immer, schön miteinander zu spielen?
Ein Grund dürfte sein, dass nicht jedem das Spielfeld und die geltenden Spielregeln klar sind. Außerdem geht es beim Surfen weniger geordnet zu als auf dem wohlsortierten Schachbrett: Das Line Up und die Wellen sind ständig in Bewegung, genau wie die emotional geladenen Spieler. Und jeder Mensch hat eine andere Art zu surfen und Wellen abzugreifen. Für ein besseres Miteinander gibt dieser Beitrag eine Art Spielanleitung: Über die Eckpfeiler im Line Up, die Essenz der Surf Etikette und die stereotypen Surfcharaktere, die man immer wieder trifft – mit ihren Stärken und Schwächen.
1. Das Spielfeld: Zonen, die man beim Surfen kennen sollte
Beim Surfen wird das Spielfeld vom jeweiligen Surf Spot bestimmt, also wo und wie die Wellen brechen. Natürlich sieht es an jedem Ort etwas anders aus und du solltest seine „Eckpfeiler“ identifizieren, bevor dich die anderen „Kinder“ mitspielen lassen:
- Peak. Der Punkt, an dem die Welle am steilsten wird und zu brechen beginnt. Da will jeder sein, weil die Welle hier am meisten Kraft hat und längsten geritten werden kann.
- Inside. Bereich vor dem Peak bzw. der üblichen Wellenlinie, der näher am Strand ist. Hier fangen die kleineren Wellen an zu laufen.
- Outside. Bereich hinter dem Peak bzw. der üblichen Wellenlinie, weiter draußen auf dem Meer. Hier brechen nur die ganz großen Sets.
- Line Up. Alle Bereiche, in denen Wellen brechen, und Surfer auf sie warten. Der Name „Line Up“ (Warteschlange) zeigt schon, dass es Spielregeln gibt…
- Impact Zone. Vom Weißwasserteppichen überzogener Bereich, wo die Wellen voller Kraft einschlagen. Wipe Out Zone – hier will keiner länger als nötig sein.
- Channel. Vor allem an Riffen und Points vorhandener Bereich, wo Wasser ins Meer zurückströmt und keine Wellen brechen. Praktischer „Lift“ zum Rauspaddeln und Zone zum Verschnaufen.
Beim Spotcheck kannst du bereits erkennen, wo die genannten „Eckpfeiler“ vom Spielfeld sind. Doch Achtung, sie können sich natürlich je nach Bedingungen (z.B. Wellengröße, Tide) verschieben! Was aber immer, wirklich immer gleich ist, sind die folgenden Spielregeln.
Spielfeld-Ansichten: (1) Wellenlinie und Outside vs. Inside, (2) Peak der Welle, (3) Schaumige Impact Zone
2. Die Spielregeln: Die Surf Etikette als Verhaltenskodex
Schon meine Kindergärtnerin hat auf dem Spielplatz knallharte Regeln durchgesetzt: Zum Beispiel „Keinen Sand essen“, „An der Rutsche anstellen“ und „Nicht Schubsen“. Sonst wären anarchische Zustände wie bei den Chaostagen eingekehrt. Beim Surfen ist die Surf Etikette ein ziemlich klares Regelwerk, das in jeder Surfschule als Erstes gelehrt werden sollte. Hier eine kleine Zusammenfassung:
- Vorfahrt. Der Surfer, der am nächsten am Peak sitzt, hat Aussicht auf den längsten Ritt und Vorfahrt! Bei einer nach rechts ablaufenden Welle ist also derjenige am Zug, der am weitesten links am Peak sitzt. Und umgekehrt!
- Drop In. Einem anderen Surfer die Vorfahrt nehmen, ihm also in die Welle droppen? Ein No No, das oft mit bösen Worten oder Taten geahndet wird. Also im Line Up achtgeben, wer dran ist!
- Snaken. Der kleine böse Bruder vom Drop In und genauso verpönt: Vor den Surfer paddeln, der eigentlich am Peak ist, um ihm die Vorfahrt zu stehlen. Solche „Snakes“ mag keiner!
- Ausweichen. Wer ins Line Up paddelt, muss den entgegenkommenden Surfern ins Weißwasser (also den bereits gebrochenen Teil der Welle) ausweichen.
- Brett festhalten. Herumfliegende Bretter sind eine Gefahr für alle Surfer. Also wirf dein Brett nicht weg, wenn eine Welle heran rollt, sondern wende ein Durchtauchmanöver an.
- Reden. Sag den Leuten im Line Up Hallo, sei freundlich und entschuldige dich, falls du mal im Weg bist. Mach dich aber auch bemerkbar, wenn du Vorfahrt hast und dich jemand droppt.
- Teilen. Drängele dich nach einem Ride nicht sofort wieder an den Peak, sondern lass anderen erstmal den Vortritt. Surfen macht mehr Spaß, wenn du Wellen teilst.
- Grenzen kennen. Ebenfalls eine wichtige Regel beim Surfen lernen: Überschätze dich nicht und surfe nur Wellen, die deinem Können angemessen sind.
Die Surf Etikette ist ein Verhaltenskodex, den jeder kennen sollte. Manchen Surfschulen und Camps gehen aber leider zu wenig darauf ein. Falls dir die Surfregeln noch schleierhaft sind: Frag bei anderen Surfern nach, schau z.B. dieses Video oder lies Bücher wie das Handbuch der Wellenreiter.
3. Die Spieler: Line Up Typen und was man von ihnen lernen kann
Das Line Up, unser Spielfeld beim Surfen, hat immer dieselben Eckpfeiler und die Surf Etikette ist ein weltweites Regelwerk. Doch kommen die Surfer als Spieler hinzu, wird es trotzdem kompliziert. Denn jeder hat eine andere Art zu surfen, sitzt an verschiedenen Punkten und legt die Regeln für sich aus. Trotzdem kann man versuchen, den „weichen“ Faktor Mensch zu entschlüsseln: Anhand ihrer Muster und Verhaltensweisen sind uns bestimmte Line Up Typen aufgefallen, die man beim Surfen immer wieder trifft! Achtung: Die folgende geschlechtsneutrale Typologie ist natürlich überspitzt und mit einem Augenzwinkern geschrieben. Aber vielleicht erkennst du manchen Charakter ja wieder…
3.1 Der Ehrgeizige: Immer am Peak und am Paddeln
Dabei sein ist alles?! Lächerlich, zumindest nach der Meinung von diesem Typen. Er will möglichst viele Wellen abgreifen und paddelt im Line Up immer schnurstracks an den Peak. Selbst wenn dort schon ein Haufen genauso salzwasserhungriger Surfer sitzt – das schüchtert den Ehrgeizigen nicht ein. Er vertraut seinen Fähigkeiten bzw. sein Performance Shortboard und hat gelernt, sich durchzusetzen. Beim Sport geht es ihm um Leistung, egal ob beim Basketball in der Schule, Volleyballspielen mit der Familie oder Surfen. Sobald ihm eine anrollende Welle zusagt, paddelt er mit Feuereifer los und bekommt sie meistens auch!
Stärke des Ehrgeizigen: Commitment
Nur die Harten kommen in den Garten. Der Ehrgeizige weiß, dass Commitment beim Surfen hilft: Wer sich gut positioniert und beim Paddeln reinhaut, bekommt viele Wellen und Respekt im Line Up. Bei letzterem hilft auch ein bisschen „Show“ wie ein bierernster Gesichtsausdruck. Und um effizient zu sein, paddelt der Streber unter den Surfern nach einer Welle am liebsten sofort wieder zurück zum Peak. Von ihm lernt man, dass Mühe sich auch im Wasser auszahlt.
Schwäche des Ehrgeizigen: Burn-Out
Wer alles anpaddelt und nach einem Ride sofort wieder am Peak sitzt, hat die Tendenz zum „Wave Hog“ (Wellen-Horter) und gewinnt im Line Up bestimmt keinen Beliebtheitswettbewerb. Dieses Risiko geht der Ehrgeizige gerne ein – schließlich ist er nicht hier, um neue Freunde zu finden. Selbst völlige Erschöpfung bis hin zum Muskelfaserriss sind bei diesem Typen nach Hardcore-Sessions nicht auszuschließen. Manchmal will man dem Ehrgeizigen zurufen: Hey Buddy, chill doch mal! Wer etwas gemütlicher surft, kann länger. Und riskiert keinen Kollaps bis hin zum Herzkasper.
3.2 Der Local: Gewiefter Platzhirsch mit Vorrechten
Er könnte ein enger Verwandter vom Ehrgeizigen sein, so wie er immer am Peak sitzt und alle guten Wellen mit Schmackes anpaddelt. Allerdings hat er ihm etwas voraus, und das ist die jahrelange Erfahrung am Surfspot und in seinem Line Up. Im Gegensatz zu Surfurlaubern weiß der gewitzte Local nämlich ganz genau, wann „seine“ Welle am besten läuft und wie die einzelnen Sections zu nehmen sind. Vielleicht sitzt du näher am Peak und hättest Vorfahrt – doch der Local paddelt selbstbewusst mit, weil er genau weiß, dass du diese eine Section sowieso nicht schaffen wirst.
Stärke vom Local: Wissensvorsprung
Sein Wissen über den Homespot ist unerschöpflich und geheim. Der erfahrene Local weiß morgens nach einem Blick aus dem Fenster, ob und um welche Uhrzeit sich das Anziehen des Neoprenanzugs lohnt. Natürlich kennt er auch jeden verborgenen Felsen im Wasser, jede Sandbank und die Ideallinie der Welle. Logisch, dass er mit diesem Wissensvorsprung die meisten Wellen bekommt. Und bringt er seine Buddies mit, dann wirst du als Surftourist keinen Stich mehr sehen.
Schwäche vom Local: Kurze Zündschnur
Surfende Locals haben sich ihr Wissen hart erarbeitet und sind teilweise an ihrem Surf Spot aufgewachsen. Verständlicherweise finden sie es nicht unbedingt geil, wenn ihre Welle von immer mehr Touristen überrannt wird, und beharren auf Vorrechten. Nach dem Motto „Wenn der Kuchen surft, haben die Krümel Pause“ wird der Local sich unter Umständen die Welle nehmen, obwohl er objektiv betrachtet – also nach der Surf Etikette – nicht am Zug wäre. Pochst du trotzdem auf dein Recht, wirst du eventuell Zeuge seiner kurzen Zündschnur und einer handfesten Explosion.
3.3 Der Geduldige: Outsider mit System
Inmitten der Crowd sitzen und Paddelkämpfe austragen? Überhaupt nicht das Ding vom Geduldigen. Er ist ein entspannter Typ, der das süße Leben liebt und Stress aus dem Weg geht. Im Wasser und an Land gönnt sich der Geduldige gern ein Päuschen und hasst es, sinnlos Energie zu verschwenden. Du findest ihn im Line Up nicht am Peak, sondern z.B. an der gemütlicheren Wellenschulter. Am liebsten wartet er auf der Outside auf größere Wellen, die alle tiefer sitzenden Surfer fortspült. So eine „Big Mama“ hat er dann für sich alleine. Auch eine beliebte Strategie von Single Fin Longboardern, die mit ihren großen Brettern die Wellen schon viel weiter draußen auf dem Meer nehmen können.
Stärke vom Geduldigen: Wellenauswahl
Der Geduldige ist ein Sonnenschein, spart sich unnötigen Stress und kennt selbstgemachten Druck nicht. So eine Einstellung ist gesund für Körper und Geist! Außerdem ist dieser Line Up Typ ein Fuchs, wenn es um die Wellenauswahl geht. Er nimmt sich Zeit, eine smarte Position im Wasser zu finden, die etwas weiter weg vom trubeligen Peak und dennoch gut ist. So hat er vielleicht nicht die meisten Wellen, aber die schönsten. Außerdem läuft er weniger in Gefahr, mit seinem Mitmenschen – sei es verbal oder körperlich – beim Wipe Out zu kollidieren.
Schwäche vom Geduldigen: Wartezeiten
Gut Ding will Weile haben. Ein weiser Spruch. Doch „eine Weile“ kann ewig dauern, so dass dem Geduldigen beim Warten auf die perfekte leere Welle ein langer Greisenbart wächst. Er läuft in Gefahr, kaum Wellen abzugreifen oder dafür sehr viel Zeit zu brauchen. Das ist okay, wenn du am Meer wohnst oder nix anderes zu tun hast. Falls du aber ohnehin selten ins Wasser kommst, holst du mit übermäßiger Geduld auf der Outside vielleicht zu wenig aus einer Surf Session heraus.
3.4 Der Abstauber: Rudi von der Resterampe
Dieser Line Up Typ ist ein Schnäppchen-Jäger: Er freut sich über Lebensmittel oder Klamotten im Sonderangebot, weil er weniger zahlt als der Rest. Mit ebenso diebischem Vergnügen greift er Wellen ab, die andere Surfer trotz aller Paddelmühe nicht bekommen. Sein Geheimnis? Genau wie der Geduldige positioniert er sich abseits der Crowds am Peak – nur dass sein Happy Place die Inside ist. Also da, wo viel häufiger etwas bricht. Hier lauert der Geduldige auf kleinere Wellen, die erst auf seiner tiefen Position steil genug werden, um sie tatsächlich zu erwischen.
Stärke vom Abstauber: Hoher Wave Count
Böse Zungen könnten den Abstauber als einen Resteverwerter bezeichnen, da er die Wellen nimmt, die alle anderen Surfer verschmähen bzw. nicht bekommen. Wir sehen seine Strategie aber viel positiver: Dieser Typ bekommt im Line Up wahrscheinlich die meisten Wellen, auch wenn sie etwas kleiner sind. Masse statt Klasse: Das gelingt keinem anderen Surfer so gut. Und wer viele Wellen surft, hat natürlich besonders viele Gelegenheiten, um an seiner Technik zu feilen.
Schwäche vom Abstauber: Wipe Out Anfälligkeit
Als Abstauber gehört eine Portion Risikofreude definitiv dazu. Denn auf der Inside lebt es sich gefährlicher: Zum einen kannst du dem Rest der Meute bei normalgroßen Wellen im Weg sitzen und musst wissen, wie man ausweicht. Zum anderen bekommst du die großen Sets definitiv auf die Mütze, weil zum Rauspaddeln keine Zeit mehr bleibt. Doch Rudi von der Resterampe sieht die Sache sportlich und freut sich selbst über einen geilen Wipe Out. Alles nicht so schlimm! Obendrein surft er in einer Session das, was andere in zweien nicht schaffen.
3.5 Der Unglücksrabe: Zur falschen Zeit am falschen Ort
Er mag der Motivierteste von allen sein, aber das Meer scheint sich gegen ihn verschworen zu haben: Der Unglücksrabe landet immer genau dort im Line Up, wo man gerade nicht sein will. Vielleicht sucht er sich einen blöden Zeitpunkt zum Rauspaddeln aus, und verliert seine Kraft im Kampf mit dem Weißwasser. Vielleicht startet er eine Welle an, erwischt sie aber nicht richtig und wird von der Lippe verächtlich in die Impact Zone geschmettert – wo er von den folgenden Setwellen ordentlich Prügel bezieht. Oder er gerät in die Spur eines anderen Surfers und muss um Haut und Board bangen.
Stärke vom Unglücksraben: Nehmerqualitäten
Der Unglücksrabe könnte einfach verzweifeln und sein Brett in die Ecke schmeißen. Meistens hat diese Gattung Surfer aber ein klares Talent, und das sind Nehmerqualitäten! Trotz all dem Mist, den er vom Meer kassiert, taucht er wieder auf und paddelt mit einem Mordswillen weiter. Er lernt auf die harte Tour eine wichtige Lektion, die jedem Top-Surfer abgeht: Demut. Mama Meer ist nun mal der Boss.
Schwäche vom Unglücksraben: Frustanfälligkeit
Wer immer nur vom Meer – oder genervten Mitsurfern – Saures bekommt, hat selbst bei einer hohen Frusttoleranz irgendwann keinen Bock mehr. Die Laune rutscht in den Keller und der Unglücksrabe ist geneigt, entweder heulend am Strand zu sitzen oder sein Brett vor Wut weit von sich zu werfen… Nur Mut! Das Loser-Dasein ereilt alle Surfer immer mal wieder. Zum Glück ist es meistens nicht von Dauer…
3.6 Der Anfänger auf freier Wildbahn
Er schaut sich hilfesuchend um, wobei sein Board bedenklich ins Wanken gerät. Wo er gerade im Line Up sitzt, kann der Anfänger nicht klar einschätzen – denn bisher hat der Surflehrer ihn immer an die richtige Position gebracht. Nun ist er plötzlich allein unterwegs und in der Surfrealität angekommen, wo sich jeder selbst der Nächste ist. Vielleicht hat er sich nur zu weit von seiner Kursherde entfernt, oder er ist wirklich erstmals allein unterwegs. Anfangs fühlt sich diese Freiheit fast zu gut an. Denn sobald sich das Line Up mit dem anrollenden Set in Bewegung setzt, steht dem Anfänger die Panik im Gesicht geschrieben. Hilfe! Was tun?
Stärke vom Anfänger: Spaß an der Sache
Ja, ein Anfänger wird anderen Surfern gelegentlich im Weg liegen, beim Paddeln unnötig zögern, trotz (hoffentlich gelernter) Surf Etikette in die Welle droppen oder manch anderen Faux Pas begehen. Dafür zahlt er in der Praxis Lehrgeld. Doch im Vergleich zu den alten Hasen umgibt ihn noch diese Frische und Anspruchslosigkeit, die allen Anfängen innewohnt. Eine weiße Welle abrutschen? Geil! Eine grüne Welle irgendwie bekommen? Der Hammer! Ein Learner sieht Surfen noch als Hobby, bei dem es in erster Linie um Spaß geht – eine Qualität, die vielen im Laufe ihrer Surfkarriere leider abhanden kommt.
Schwäche vom Surfanfänger: Desillusionierung
Ein losgelassener Anfänger, der mit unerschütterlichem Vertrauen in das Gute im Menschen oder einfach kindlicher Naivität gesegnet ist, wird schnell zu Bambi auf Kollisionskurs. Mit großen und erschreckten Augen kann er brenzlige Situationen nur hilflos geschehen lassen, weil er noch nicht weiß, wie zu reagieren ist. Schlimmstenfalls bekommt Bambi von den anderen Surftieren im Rudel Schelte und ein paar Blessuren. Auf jeden Fall büßt er seine Blauäugigkeit ein, wenn die Surfszene ihr mitunter hässliches Antlitz zeigt. Vielleicht erklärt ihm aber auch ein nettes Alphatier, wie der Hase läuft.
3.7 Der Spaßvogel: Alles außer normal
In mittelalterlichen Monarchien gab es Hofnarren mit hohem Unterhaltungswert, die für Späßchen zuständig waren. Noch heute mischt sich diese Gattung Mensch unters Volk: Zum Beispiel Arbeitskollegen, die anderen Streiche spielen, oder Surfer, die im Line Up mit allerlei Tricks glänzen. Es kommt ihnen nicht auf die perfekte Position oder einen astreinen Ritt an, sondern auf das Ausprobieren verrückter Dinge: Wie Surfen ohne Finnen oder mit surrealen Surfboard Shapes, Rückwärtsfahren oder Tandem-Surfen mit mehreren Leuten auf einem Brett. Warum? Weil sie es können! Ihr Lohn ist Fun und das Lachen der Mitmenschen.
Stärke vom Spaßvogel: Experimentierfreudigkeit
Spaßvögel sind meistens sehr gute Surfer und besonders mutige Zeitgenossen, die sich trauen, neue Dinge auszuprobieren. Sie können gut damit umgehen, von anderen auch mal schief angeschaut zu werden oder einen Sturz zu riskieren. Hauptsache die Gaudi stimmt! Damit tragen sie die Essenz des Surfens im Herzen. Außerdem machen sie als kreative Seelen das Line Up ein ganzes Stück unbeschwerter und bunter.
Schwächen vom Spaßvogel: Übermut
Ein tollkühner Hofnarr stolpert irgendwann über seine Füße und landet auf der Nase. Genau dieser Übermut kann den Spaßvogel unter den Surfern einen heftigen Wipe Out, diverse Verletzungen oder ein völlig lädiertes Board kosten. Doch nicht einmal so etwas kann ihm die Stimmung verhageln. Er rappelt sich wieder auf, leckt mit einem Grinsen seine Wunden und zimmert sein Brett einfach wieder zusammen. Genie und Wahnsinn liegen eben nah beieinander!
3.8 Der Schnacker: Immer gut für ein Kaffeekränzchen
Hey, du auch hier? Wie geht’s? Der Schnacker liebt den Line Up Plausch und ist oft auf der Outside oder im Channel anzutreffen. Denn hier schlagen kaum Wellen ein, so dass er sich besser ins Gespräch vertiefen kann. Dieser gesprächige Surfer sitzt gemütlich plätschernd auf seinem Board und tauscht sich gerne mit anderen aus: Über das Wetter, die Wellen und Ausgehtipps. Er weiß selbst ohne Tinder genau Bescheid, was es Neues gibt oder wer mit wem schon hat! Seinen Tratsch unterbricht er höchstens, wenn er für eine Welle zufällig an die passende Position gespült wurde – oder für ein Alibi-Paddeln.
Stärke vom Schnacker: Kommunikationstalent
Wer viel redet, findet schnell Anschluss zu anderen Menschen und hat das Rüstzeug, um neue Freundschaften zu schließen. Meistens sind Schnacker überaus charismatische Zeitgenossen und erhalten dank ihres Kommunikationstalents Insidertipps, die anderen vielleicht verborgen bleiben. Zum Beispiel, weil ihnen nette Locals mehr über den Secret Spot um die Ecke oder die beste Tide verraten, oder sie von der Last Minute Rabattaktion im Surfshop erfahren.
Schwäche vom Schnacker: Geringer Wave Count
Die Gesprächigkeit des Schnackers wirkt sich leider negativ auf die Anzahl seiner erwischten Wellen aus. Logisch: Wer viel labert, kommt nicht wirklich zum Surfen. Macht nix! Von dem einen Ritt, den die Laberbacke in der gesamten Session hatte – oder alternativ dem gesichteten Delfin / Hottie / Traumboard – wird sie ihren Mitmenschen noch tagelang vorschwärmen. Leider hat sie mit ihrem Redefluss die Tendenz, anderen im Wasser oder Land manchmal gehörig auf die Nerven zu gehen.
3.9 Der Egomane: Platz da, hier komm ich!
Regeln?! Sind da, um gebrochen zu werden. Zumindest in den Augen des egoistischen Aggro-Surfers, der sich der Surf Etikette überlegen fühlt. Drop Ins, Snaken und andere unfeine Schikanen sind seine Spezialität! Denn seiner Ansicht nach hat er das Vorrecht auf die Welle, egal an welcher Position im Line Up er sich gerade befindet. Weil er schon ein paar Jahre länger als die anderen surft oder das Vehikel mit dem größten Volumen hat – egal ob Surfboard, Stand Up Paddle Board oder Kayak. Weil er am lautesten schreien kann. Oder sich einfach für den allergeilsten Typen im Wasser hält. Ein Prachtexemplar ist dieser Surfer, der andere vom Brett wirft, oder dieser angriffslustige Bodyboarder.
Stärken vom Egomanen: Selbstliebe
Auf die Meinung der anderen pfeift der Egomane mit Aggressionsproblem. Wie ein Teilnehmer einer Casting-Show hat er nur das Preisgeld – in dem Fall die meisten gesurften Wellen – vor Auge und würde wahrscheinlich eiskalt behaupten, nicht der Freunde wegen hier zu sein. Er ist nur an seinem eigenen Wohlergehen interessiert, sich selbst der Nächste und lässt alle anderen dafür links liegen.
Schwäche vom Egomane: Arschloch-Verhalten
Das Leben als Arschloch ist leider einsam, lieber Egomane. Wenn du auf die Community scheißt, wird sie ebenfalls sehr gut auf deine Gesellschaft verzichten können. Mit deiner „Nach-mir-die-Sintflut“ Attitüde wirst du dir jedenfalls viele Feinde im Wasser machen. So hast du bald keinen mehr zum Spielen! Und falls du noch alte Kumpels hast: Pass auf, dass du sie nicht auch noch vergraulst…
Und welcher Line Up Typ bist du?
Achtung: Unsere Typologie beruht auf keiner wissenschaftlichen Studie! So scharf wir darauf waren – unser Notizbuch wurde im Wasser leider so schnell nass… Darum haben wir es bei Beobachtungen mit versteckter Kamera belassen. Okay, das ist schon wieder ein Scherz 😉
Ganz im Ernst: Ich hoffe, du hast den Artikel mit einem Lächeln gelesen, die „Spielanleitung“ zum Surfen auffrischen und so manchen Line Up Typen erkennen können. Meiner Meinung nach hat jeder von uns schon mal die ein oder andere Rolle im Wasser gespielt. Das Gute ist, dass wir unsere Verhaltensweisen erkennen, annehmen oder ablegen können. Und am Ende zählt nur eins: Spaß an der Sache. Verständnis für einander. Ein nettes Line Up. Und Weltfrieden!
2 comments
Danke für den Satz: wenn der Kuchen surft, ham die Krümel Pause????????Wunderschöner Text. Für mich als nicht Surfer hoch interessant , für jeden Anfänger mit Sicherheit eine riesige Hilfe…Gesegnet sei Ihr Humor????Herzlichen Gruß Gila????
Hallo Gila,
Danke für dein Lob, ich freue mich sehr, dass dir der Artikel gefällt!
Denn da steckt ja auch immer ein wenig Herzblut von mir drin 😉
Liebe Grüße zurück
Heidi