Als Surferin allein in Indien: Meine unerwarteten Abenteuer in Kerala

by Maren

Nee Mädchen, das kannst du doch nicht machen! So ungefähr waren die Reaktionen von ihrem Umfeld, als unsere Gastautorin Maren als Frau allein nach Indien reisen wollte. Dann auch noch zum Surfen! War das wirklich eine gute Idee? Und gab es in Indien überhaupt Wellen? Lies hier wie Maren, die mutige Krankenschwester und Surferin aus Norderney, es in Kerala ausprobiert hat! 

Endlich wieder von Sonnenstrahlen geweckt werden und ohne Wetsuit perfekte Wellen surfen. Inspirierende Menschen kennenlernen, im Einklang mit der Natur leben und Spaß haben. Mein Surfer-Traum! Schon viel zu lange saß ich in Deutschland auf dem Trockenen. Und so musste endlich ein längerer Trip ins Warme her. Gesagt, getan. Ein ganzes Jahr arbeitete ich durch, um eine zweimonatige Auszeit nehmen zu können. Neben Indonesien und Sri Lanka sollte es nach Indien gehen. Ein eher unbekanntes Surfer-Ziel, das nach dem perfekten Abenteuer für mein meerweh-geplagtes Herz klang. Tatsächlich war Indien der Höhepunkt meiner Reise… Lest hier, warum!

1. Auf zu neuen Ufern: Wie Indien auf meinen Reiseplan kam

Während meiner Surf-Auszeit wollte ich nach Indonesien und Sri Lanka noch ein weiteres Land besuchen, aber ohne erneut viel Zeit im Flieger zu verbringen. Beim Blick auf die Landkarte und in die Travel-Tipp-Sparten meiner alten Surfer-Mags blieb ich an Indien hängen. Ein anderer Surfer aus meiner Heimat Norderney war bereits 2011 dort gewesen. Er schwärmte von soften, leeren Beach Breaks und machte mir Mut, Indiens Westküste und die Provinz Kerala selbst einmal zu bereisen.

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Mein Bekannter war damals mit krassen deutschen Surfern wie Gerry Schlegel, Tao Schirrmacher und Yoyo Terhorst unterwegs und sie hatten ihren Indien-Surftrip als Video festgehalten. Bingo, nach dem Filmchen (siehe oben) hatte ich erst Recht Bock. Also ab nach Indien! Ich buchte meinen Flug nach Trivandrum in Kerala und machte mich online auf die Suche nach einer Bleibe.

1.1 Erste Hürden bei der Reiseplanung: (K)ein Herz für Single Ladies?

Im Internet suchte ich nach einem Surfcamp in Kerala, einer bekannten Provinz im Süden Indiens. Ich fand nur das Soul & Surf India in Varkala, was aber bereits ausgebucht war. Also schrieb ich ein paar Hostels und Homestays in der Nähe vom Lighthouse Beach in der Surferstadt Kovalam an. Doch leider war man dort von einer allein reisenden jungen Frau wie mir nicht wirklich begeistert. Denn das Risiko falsch verstandener Avancen oder sexueller Belästigung ist in Indien nicht zu unterschätzen, was den Vermietern zu gefährlich war. Sie bevorzugten Pärchen oder ältere Reisende.

Erste Zweifel: Sollte ich doch an einen anderen Ort fahren? Doch die Bilder von Gerry, Tao und Yoyo, surfend vor Palmen am Lighthouse Beach, gingen mir nicht aus dem Kopf. Kurzerhand schrieb ich Lars Jacobsen, dem Fotografen und Chefredakteur meines Lieblings Surf-Magazins. Tatsächlich antwortete er prompt und vermittelte mich an den Kovalam Surfclub, der einzigen Surfschule vor Ort. Dort verhalf man mir zu einer Unterkunft am Strand mit Abhol-Service vom Airport. Erste Hürde gemeistert!

Maren in Sri Lanka (links) und auf Bali (rechts). Ob ihr Indien auch so gut gefallen würde?
Maren in Sri Lanka (links) und auf Bali (rechts). Ob ihr Indien auch so gut gefallen würde?

1.2 Visa-Frust, indische Horror Stories & Bammel

Vor Indien genoss ich zunächst einige Wochen den Surf auf Bali und die Wellen in Sri Lanka. Dort war ich unter Freunden und kannte mich gut aus. Auf Bali war ich bereits mehrfach gewesen und der erneute Besuch fühlte sich wie Heimkommen an. Das Kima Surfcamp nahm mich wieder mit offenen Armen auf und ich fühlte mich rundum wohl. Anschließend ging es nach Sri Lanka in das Drivethru Camp nach Polhena – mit wenigen Gehminuten zum Strand, gutem Essen und einer gemütlichen Atmosphäre. Ich grübelte: Würde Indien auch so cool werden?

Von Bali aus versuchte ich das 30-Tage-Visum für Indien online zu beantragen. Schlechtes WiFi und intime Fragen der Visabehörde – z.B. nach den Jobs meiner Eltern und meiner politischen Gesinnung – lösten in mir leichte Wutanfälle aus. Ein weitgereister Weltenbummler aus Köln, der auf Bali gerade so seinen allerersten Surfkurs „überlebt“ hatte, stand mir hilfreich zur Seite. Er kam gerade aus Indien und erklärte mich für verrückt, alleine dorthin reisen zu wollen. Schweigend hörte ich mir seine Indien Horror Stories an: Über Menschenmassen, verdreckte Straßen, unmögliche Hygienezustände, unglaublich gutes und schlechtes Essen sowie Magenprobleme. Nun bekam ich doch etwas Angst. Aber welches Abenteuer beginnt schon ohne Respekt vor dem Neuem?


2. Die Anreise: Das Abenteuer in Indien beginnt 

Von Sri Lanka aus reiste ich nach Trivandrum zum internationalen Flughafen von Kerala. Der Flug dauerte 1,5 Stunden und bei Sri Lankan Airlines war mein Boardbag immerhin in den 30kg Freigepäck mit einbegriffen. Ich musste es nichtmal vorher anmelden! Von Deutschland aus dauern Flüge nach Trivandrum mit Zwischenstopp in Dubai übrigens etwa 18 Stunden und kosten ungefähr 500 Euro.

Jedenfalls landete der Flieger pünktlich in Kerala und beim Ausstieg wehte mir warme Luft ins Gesicht. Die letzte Etappe meiner Reise begann! Der Kovalam Surfclub hatte wie versprochen einen Fahrer geschickt, der mich vom Flughafen abholte. Er verpasste mir den ersten kleinen Schock und erzählte von der Geldentwertung, die ganz Indien betraf. Ob ich noch Euro zum Tauschen dabei hätte…? Natürlich nicht, die letzten Euronen waren bereits in Indonesien draufgegangen. Später sollte sich das als echtes Pech herausstellen, da ich am ATM keine einzige Rupie bekam. Doch in dem Moment nahm ich das drohende Problem nicht wirklich ernst, das in der internationalen Presse gar kein Thema war.

Kerala Kovalam - Küste
Kerala Kovalam – Küste
Die Küste von Kovalam (IMG 0236 by Brad Coy, used under license CC BY 2.0 with cropped size & foto filter)

Außerdem boten mir in der Surfschule alle Hilfe an. Typisch Indien: Die Menschen besitzen selbst kaum etwas, aber wollen mit einem Lächeln auf dem Gesicht helfen! Der Besitzer meiner Unterkunft lieh mir ein wenig Geld, damit ich vorerst über die Runden kam. Und nicht nur das! Er lud mich sogar immer zum Essen zu sich nach Hause ein, wo seine Frau köstliche Mahlzeiten zauberte.


3. Surfen in Indien: Vibe, Surf Spots und Infrastruktur in Kerala

Bisher assoziiert man Indien vielleicht mit Buddhismus, Menschenschaaren und scharfen Curries. Aber Indien und Surfen? Die meisten Surf Spots sind noch auf keiner Landkarte zu finden, was Reisen auf eigene Faust – neben dem Kulturschock – sehr beschwerlich macht. Außerhalb von Großstädten wie Mumbai und Delhi spricht so gut wie niemand Englisch und jeder, der mit einem Surfboard ins Wasser geht, wird oft ziemlich schräg angeschaut. Selbst wenn die Wellen noch so wunderschön aussehen.

Kein Traum: Eine hübsche Barrel in Kerala
Kein Traum: Eine hübsche Barrel in Kerala

3.1 Verschiedene Surfregionen & Surf Saisons in Indien

Trotz über 7.000 Kilometer Küstenlinie ist Surfen in Indien noch relativ neu und Abenteuerlustige können eine Menge entdecken. Natürlich sind die Wellen in ihrer Qualität nicht mit Indonesien – in Asien der heilige Gral aller Surfer – vergleichbar, dafür aber auch bei Weitem nicht so überfüllt. In einigen Gegenden Indiens hat sich schon eine kleine Surfszene mit Schulen herausgebildet.

An der Ostküste liegt z.B. der kleine Strandort Visakhapatnam, das charmante Pondicherry mit französischem Flair und Mahabalipuram mit dem berühmten Meerestempel. Die Haupt-Surfsaison an jenen östlichen exponierten Surfspots ist von Juni bis September während der Monsunzeit, wenn zumindest auf dieser Seite Indiens Offshore-Wind bläst.

An der Westküste zählen die etwas abgelegen Orte Gokarna und Mulki, Arambol bei Goa sowie das Fischerdörfchen Kovalam in Kerala zu den Surfarealen. Relativ neu auf der Surflandkarte ist Kodi Bengare, wo Indiens erste weibliche Surferin eine Schule eröffnet hat. An diesen westlich exponierten Orten ist die Haupt-Surfsaison von Oktober bis Mai. Klein und anfängerfreundlich sind die Wellen von Dezember bis Februar, während sie Oktober bis November und März bis Mai teilweise bis Double Overhead hoch werden. Nur in der Monsunzeit (Juni bis September) ist Surfen an der Westküste kaum möglich, da oft Onshore-Wind weht und alles kaputt bläst. Dann haben viele Surfschulen geschlossen.

Indien surfen - Surf Map

3.2 Kovalam: Die indische Strand- und Surferstadt an der Westküste

Mich zog es also nach Kovalam: Die Surferstadt liegt am südlichsten Zipfel von Indien in der Provinz Kerala und im gleichen Swell-Fenster wie Sri Lanka. Deshalb gelten die Wellen als besonders konsistent und einige der besten Surfer des Landes schleifen hier ihre Skills. Jedes Jahr im Herbst findet sogar ein Surf, Music & Yoga Festival statt.

Seit ein paar Berichten in der internationalen Presse hat Kovalam an Berühmtheit erlangt und heute eine recht gute Infrastruktur aus Hotels, Surfschulen und Bars. Auch aus diesem Grund hatte ich mich bei meiner Indienreise für Kovalam entschieden. Direkt am Strand von Kovalam gibt es einfache, aber dennoch nette Unterkünfte mit Meerblick und Restaurants. So wie das Padmini House oder die German Bakery – dort habe ich gerne nach dem Surfen gefrühstückt.

Kovalam Kerala - Lighthouse
Kovalam Kerala – Lighthouse
Foto „Kovalam Lighthouse“ by Kerala Tourism, used under license CC BY-SA 2.0 with cropped size & foto filter)

Die besten Surf Spots in Kovalam und Umgebung

Ich war im November in Kovalam, als die Nordostwinde die Surfsaison schon eingeleitet hatten. Für mich als Intermediate waren die 3 bis 5 Fuß Wellen am bekannten Light House Beach zu dieser Zeit perfekt! Die kleine, von Felsen umrahmte Bucht mit Leuchtturm ist wunderschön und der konsistenteste Spot. Beim Rauspaddeln und krasseren Manövern muss man an diesem Beachbreak allerdings auf Schwimmer und Fischerboote achten.

Interessanterweise wurde vor ein paar Jahren am Lighthouse Beach ein künstliches Riff zum Stopp der Küstenerosion und Ankurbeln des Surftourismus gebaut. Anfangs produzierte es tatsächlich schöne Barrels, aber nach dem ersten Monsun löste es sich auf. Heute sind die Wellen relativ kurz und nur teilweise hohl. Ab 7 Fuß verwandelt sich der Spot aber in einen Point Break Traum für Goofys, da die Landzunge lange linke Wellen produziert. Aber es gibt noch weitere Spots in Kovalam!

Schöne Wellen am Lighthouse Beach in Kovalam (Foto: Kovalam Surfclub)
Schöne Wellen am Lighthouse Beach in Kovalam (Foto: Kovalam Surfclub)

Direkt neben dem Lighthouse Beach in Kovalam, am Hawa Beach, tobt das Strandleben. Die Wellen sind hier weniger kraftvoll und meistens etwas messy. Ganz im Norden von Kovalam liegt der ruhige Samudra Beach, der berüchtigt für seinen kraftvollen Shorebreak ist.

Der Surfspot Shirleys wurde nach einem kleinen Tempel benannt. Mit seinen roten Klippen, der grünen Vegetation und dem blauen Meer ist es einer der optisch schönsten Surf Spots in Kerala! Die steinigen Jetties sind gute Option für Tage, an denen die Wellen anderswo zu klein sind.

Etwa 1,5 Stunden von Kovalam entfernt sind die Surf Spots von Varkala. Je nach Lage der Sandbänke laufen am Varkala Beach nette Wellen – nicht lang, aber schnell! An den Klippen ist der Varkala Point. Er braucht großen Swell und läuft nur selten. Aber wenn, dann in Perfektion!

Neben Varkala ist der Temple Beach Papanasan. An dieser religiösen Stätte erbringen die Hindus Opfer für die Toten und setzen ihre Asche im Meer frei. Keiner sollte hier auf eigene Faust surfen gehen! Frag bei einer lokalen Surfschule nach, lass dich begleiten sowie in die Gepflogenheiten einweisen. 

Der Kovalam Surfclub: No school no surfing!

Der Kovalam Surfclub ist die einzige Surfschule direkt in Kovalam, die Touristen und Locals das Surfen beibringt. Dazu gehört ebenfalls ein kleiner Shop, der Dinge wie Wachs oder Leashes verkauft. Die Surfkurse finden in Kovalam oder – je nach Surf-Level und Bedingungen – an anderen Spots in Kerala statt. Die Guides waren sehr herzlich! Wir verbrachten viel Zeit im Wasser, quatschten abends auf dem Dach der Surfschule und lachten über komische kulturelle Unterschiede.

Jelle, der blonde Chef, und sein Team (Foto: Kovalam Surfclub)
Jelle, der blonde Chef, und sein Team (Foto: Kovalam Surfclub)

Speziell am Kovalam Surfclub ist das soziale Engagement. Einnahmen fließen zurück in soziale Projekte, mit denen z.B. medizinische Versorgung für Arme oder Arbeit für alleinerziehende Mütter finanziert wird. Besondere Aufmerksamkeit wird der Ausbildung der in Indien vernachlässigten Mädchen geschenkt. Aus Geldnot werden sie von ihren Eltern oft zu schlecht bezahlten Arbeiten gezwungen. Der Surfclub hilft den Familien, die Mädchen zur Schule zu schicken und gute Jobs zu finden.

Außerdem holt der Kovalam Surfclub die Kids mit kostenlosem Surfunterricht von der Straße. Dafür gibt es nur eine Regel: No School, no surfing! Wer schwänzt, darf nicht mit ins Wasser – ganz schön hart, wenn man mit dem Surfvirus infiziert ist. Am Anfang hatte der Surfclub nur 3 alte Planken für 5 Kids. Heute zählen über 40 Youngster zu den Mitgliedern und freuen sich, wenn ein Tourist ein kaputtes Surfboard zum Fixen und Weiterverwenden zurücklässt. Während der Monsunzeit ist übrigens Skaten statt Surfen angesagt, damit sich selbst dann niemand vor der Schule drückt.

No school no surfing - das wissen die Jungs genau! (Foto: Kovalam Surfclub)
No school no surfing – das wissen die Jungs genau! (Foto: Kovalam Surfclub)

4. Expect the Unexpected: Mein Indien-Trip wurde zum Krimi 

Täglich war ich mit den Guides vom Kovalam Surfclub unterwegs und sie erzählten mir von ihren alltäglichen Problemen: Durch die Geldentwertung blieben viele Touristen in Kerala weg, von denen die Einheimischen im Dorf leben. Mit der Zeit bekam ich die unangenehmen Folgen selbst zu spüren, denn ich war noch stärker als sonst im Visier verkaufshungriger Restaurant- und Shop-Besitzer. Außerdem bekam ich noch immer kein Geld am ATM, was mich langsam unruhig werden ließ. Doch einfach flüchten und meine Reise abbrechen?

4.1 Bargeldlos in Indien: Geldentwertung!

Als ich Mitte November in Kerala landete, ahnte ich nichts von der drohenden Katastrophe. Am ATM standen Menschenschlangen, um an wenigstens 2.000 Rupien (ca. 28€) zu kommen. Bargeld war zur Mangelware geworden! Selbst wenn ich noch ein paar Euro zum Tauschen gehabt hätte – niemand hätte sie angenommen! Hinzu kam, dass man in Kovalam kaum etwas mit Kreditkarte bezahlen kann.

Nach ein paar Tagen spitze sich die Lage zu. Plötzlich wurden die 500- und 1.000 Rupien-Scheine für ungültig erklärt, die den Großteil des Bargelds ausmachten. Neue Scheine waren aber noch nicht ausreichend gedruckt oder in Umlauf gebracht worden! Ich bekam Angst. Jeden Morgen eilte ich zum ATM in Kovalam, mit der Hoffnung auf etwas Bargeld. Vergebens! Mindestens 25 andere Personen, Touristen wie Einheimische, warteten schon vor mir – ungefähr wie unten im Foto. Schnell war der Automat leer und alle gingen mit entsetzt nach Hause. Am nächsten Morgen das gleiche Spektakel.

Foto „Long queues before bank in Darjeeling, India“ by Monito – Money Transfer Comparison (used under license CC BY 2.0 with cropped size and foto filter)

Langsam bekam die lokale Presse Wind von der Situation. Zeitungen berichteten von Ausschreitungen in großen Städten wie Neu Delhi, Hunderten tagelang vor ATMs kampierenden Menschen und Toten. Ich war geschockt: Wie kann es heutzutage sein, dass Menschen auf der Straße verhungern, weil sie kein brauchbares Geld mehr haben? Ohne Geld im fremden Land wuchs meine Verzweiflung. Letztlich buchte mir eine Freundin aus Deutschland einen früheren Rückflug und ich verließ Indien schneller als erwartet. Mir fiel die Abreise schwer, weil mir der Kovalam Surfclub ans Herz gewachsen war und ich nichts an der Situation vor Ort ändern konnte.

4.2 Krankenhaus zum Reiseende

Die indischen Pleiten, Pech und Pannen waren auch nach meiner Rückkehr nach Hause nicht beendet. Trotz aller möglichen Impfungen, Vorsicht vor Ort und penibelster Hygiene landete ich ein paar Tage nach meiner Ankunft im Krankenhaus. Denn ein Mückenstich aus Kerala hatte sich entzündet und mit einem Keim derart infiziert, dass ich eine Blutvergiftung bekam und operiert werden musste.

Rückblickend bin ich doch froh darüber, früher aus Indien abgereist zu sein. Denn Auslandskrankenversicherung hin oder her: Die medizinische Versorgung ist keinesfalls mit der in Deutschland zu vergleichen! Ein Andenken werde ich jedenfalls für immer behalten: Eine große unschöne Narbe auf dem Oberschenkel, wo der große Abszess entfernt werden musste. Aber Narben erzählen Geschichten, und diese ist bestimmt nicht langweilig!

Indien surfen - Maren
Ich habe immer noch gut Lachen

5. Nie wieder Indien? Meine Antwort und Tipps für deine erste Indienreise

 Nach diesen Horror-Stories fragst du dich bestimmt, ob ich meine Surfreise nach Indien bereue. Nein, auf keinen Fall! Ich würde sogar nochmal hinfliegen. So leere Lineups wie in Indien habe ich noch nie gesehen und man kommt bei jeder Welle auf seine Kosten. Außerdem gibt es in einem so großen Land noch super viel zu entdecken.

Allerdings würde ich mich beim nächsten Mal vorher besser über die politischen Umstände informieren und versuchen, vorab bei der Hausbank etwas Geld in Rupien umzutauschen. Außerdem habe ich noch ein paar Tipps gesammelt, die dir vielleicht bei der Reisevorbereitung helfen.

5.1 Vorbereitung deiner Surfreise nach Indien

Visum: Nimm dir bei der Online-Beantragung Zeit und erwarte nicht, dass die Verbindung zu der indischen Website immer tadellos klappt. Unbedingt rechtzeitig vorm Reisestart daran denken! Die Bearbeitungszeit dauert ungefähr 24 Stunden und kostet 40 Euro.

Impfungen: Standard-Impfungen (Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Polio, Masern, Mumps, Röteln, Influenza) solltest du bereits haben. Widme dich dann vor dem Indien-Aufenthalt allen Reise-Impfungen! Dazu zählen Hepatitis A und B, Typhus, Tollwut, Japanische Enzephalitis, Pneumokokken und Meningokokken-Meningitis. Vereinbare rechtzeitig einen Termin beim Hausarzt oder im Impfzentrum, um ggf. noch ein paar Spritzen nachholen zu können. Einige brauchen teils Wochen, bis sie wirksamen Schutz bieten.

Kofferpacken: In deinen Koffer gehört luftige Kleidung aus Baumwolle. Bei dem feucht-warmen Klima gibt es nichts Schlimmeres als synthetische Klamotten. Denk an Mückenspray, es wimmelt in Indien vor den kleinen Insekten. Pack außerdem Hygieneartikel wie Tampons ein, die ein halbes Vermögen kosten, und eine ordentliche Reiseapotheke. Und denke an das nötige Surfzubehör (Surfboard mit allem Drum und Dran, eventuell Ersatzfinnen und -Leash), da die Auswahl vor Ort begrenzt ist.

Bring eigenes Surf Equipment mit, damit keine Welle ungeritten bleibt! (Foto: Greg Ewing Photo)
Bring eigenes Surf Equipment mit, damit keine Welle ungeritten bleibt! (Foto: Greg Ewing Photo)

5.2 Hinweise für deinen Indien-Aufenthalt vor Ort

Durchfallerkrankungen: Ich habe selten von Indien- Reisenden gehört, die ganz ohne Magenbeschwerden davonkamen. Wichtig: Niemals Leitungswasser trinken!!! Amöben, Lamblien, Salmonellen, Shigellen und Würmer bescheren landesweit ein hohes Infektionsrisiko. Das sollte dich aber nicht davon abhalten, die feinen Köstlichkeiten zu essen. Allgemeine Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen, Handdesinfektion vor dem Essen sowie das Fernhalten von Fliegen von Nahrungsmitteln mindern die Gefahr einer Infektion.

Medizinische Versorgung: Sie ist vielerorts unzureichend und entspricht medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch meist nicht europäischem Standard. Sprachbarrieren erschweren in ländlicheren Gebieten die Kommunikation. Greif auf deine Reiseapotheke zurück und reise im Ernstfall zurück nach Hause!

Sexualität: Ein absolutes Tabuthema!!! Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit sind in Indien ein No Go und werden mit Geldbußen – bei gleichgeschlechtlichen Partnern sogar mit Gefängnis – bestraft. Wahrscheinlich belegt Indien auch deshalb Platz 2 auf der HIV Weltrangliste, denn Aufklärung wird in weiten Teilen des Landes nicht bestritten.

Drogen und Alkohol: Der Besitz selbst kleinster Mengen an Drogen ist verboten und wird mit hohen Haftstrafen geahndet. Bei Surfern schaut die Polizei übrigens gerne öfters nach! Das Mindestalter für Alkohol-Konsum schwankt in den Regionen zwischen 18 und 25 Jahren, in manchen ist dieser sogar nur als Medizin erlaubt.

Surferinnen: Als Frau solltest du aus Respekt vor den Locals nicht im Bikini surfen oder am Strand flanieren gehen – obwohl es die Wassertemperaturen erlauben. Schultern und Knie sollten bedeckt sein! Mit Surfleggings und Lycra-Shirt bekommt man im Lineup keine bösen Blicke zugeworfen, und selbst die Inderinnen finden dieses Outfit schön.

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Manche Surfer sind immer noch erstaunt, Frauen im Lineup zu sehen. Mädels: Lasst uns den Boys zeigen, was wir können! Ishita Malaya, Indiens erste Surferin, hat den Anfang gemacht. Im Video lernst du sie und Indiens Surfszene noch näher kennen.


Ein kleines Wort zum Schluss

Trotz Pannen will ich meinen Trip nach Indien nicht missen und werde noch oft Freunden davon erzählen. Meine Wunde ist verheilt, aber ich plane schon die nächste Surfreise! Denn nichts ist motivierender, als das nächste Abenteuer vor Augen zu haben. Also los, geh auf Entdeckungstour! Es gibt noch so viele tolle Menschen, Kulturen, Länder und wunderbare Wellen zu entdecken.

Titel Picture by Kovalam Surfclub in Kerala.

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1 comment

Rebekka 16. September 2018 - 17:14

Danke dir für deinen tollen und hilfreichen Artikel. Ich werde hinfahren. Bin schon paar Jahre nicht mehr gesurft und fahre ins Ashram.. aber nun bekomme ich auch Lust auf Wellen! 🙂 Alles Liebe aus Köln, rebekka

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