Glamping Surftrip gone wrong: Zwei Mädels, ein Tipi und die Partyhölle

by Peggy
Glamping Surftrip

Glamping steht für „glamouröses Camping“ und klingt zunächst wie ein Widerspruch: Geht’s beim Camping nicht um das einfache Leben in der Natur statt um Luxus? Dennoch wird die schicke Variante des Zeltens mit allerlei Annehmlichkeiten auf hippen Festivals, in Touristengegenden mit betuchter Klientel und sogar in Surfkreisen immer beliebter. Zwei Outdoor-Fans und Autorinnen vom meerdavon-Team haben sich die Sache genauer angesehen: Surf-Yoga-Lehrerin Peggy aus Hamburg, Erfinderin vom Skateful Warrior Workout, sowie Marie von islandvisuals.photography, die du vielleicht schon von ihrer Surflabel-Gründerstory kennst.

Peggy und Marie planten einen Girls-Surftrip, nur das Ziel fehlte noch. So kam das Angebot, für meerdavon ein Glamping-Dorf für Surfer im Baskenland zu testen, gerade recht! Eine Woche verbrachten die beiden dort: Im weißen Tipi mit richtigem Bett, spaßigen Wellen und viel, viel Eiscreme. Aber würden sie’s noch einmal machen? In diesem Artikel berichten beide, warum ihre Erfahrungen mit Glamping ernüchternd waren…

1. Camping Memories: War früher alles besser?

Früher, in den guten alten Zeiten, war nix mit Glamping. Wie gern erinnere ich (Peggy) mich an den Camping-Urlaub mit der Familie: Der Kofferraum war randvoll mit Zelt, Schlafsäcken, warmen Klamotten und einem Haufen Konserven, und für die Fahrt durften ein Dutzend Stullen mit hartgekochten Eiern nicht fehlen. Als begnadete Camper sind meine Eltern noch heute Monate mit Fahrrädern und Zelt in der Weltgeschichte unterwegs. Am meisten brannten sich bei mir die Zeltabenteuer mit Freunden in den Kopf ein: Wir waren bis spät nachts wach, um noch Domian zu hören, die Telefon-Talkradio-Sendung. Lagerfeuer-Feld-Romantik unterm Sternenhimmel!

Glamping Girls - Peggy und Marie

Marie und Peggy kurz vorm Start ihres gemeinsamen Glamping-Trips

1.1 Auto Camping: Flexibel und immer im Trockenen

Mittlerweile genieße ich die etwas luxuriöseren Vorzüge vom Auto-Camping: Mein VW Touran ist mit Klappholzbett und gemütlicher Klappmatratze ausgestattet. Klar, in Sachen Platz mache ich zwar Abstriche, dafür brauche ich kein Zelt und es bleibt immer alles trocken. Keine lästigen Zeltplanen mehr klamm und vollgematscht zusammenen, um sie dann zum Urlaubsende zum Trocknen in den Keller zu hängen. Unangefochtenes Plus am Camping mit Auto ist die Flexibilität: Passt der Swell nicht, fahre ich weiter – der Sonne entgegen und bis ich meine Wellen finde.

Als Surferin lebe ich dann im Einklang mit der Natur: Nachts hört man die Wellen brechen und schläft mit dem Wissen ein, am nächsten Tag wieder darin spielen zu können. Das verschafft mir die schönsten Träume! Eingekuschelt in meine warme Bettdecke ist der morgendliche Ausblick aus dem Kofferraum oft so traumhaft, dass ich gar nicht aufstehen will 😉 Vielleicht hat ein Luxus-Hotel-Urlaub auch seine Vorzüge – allerdings kann er dieses naturnahe Gefühl wohl kaum schlagen.

Camping und Abenteuerlust: (1) Peggy mit ihrem VW Touran, (2) Marie in Indo, (3) zusammen in Nordspanien

1.2 Surfurlaub mit Zelt: Erinnerungen an Frankreich

Back in the days: Ich (Marie) probierte den Mix aus Campen und Surfen in jungen Jahren im Surfcamp in Moliets aus. Abhängen am Strand, während man die morgens geschmierten wabbeligen Baguettes futtert, Bier ab 4 und Party bis in die Puppen. So war es halt damals in Frankreich! Am nächsten Tag schleppten alle verkatert die Foamies an den Strand und versuchten irgendwie, im knöchelhöhen Weißwasser Wellen zu erwischen. Danach ging alles wieder von vorne los… Das ist lange her und war das letzte Mal, dass ich so einen Surfurlaub gebucht habe.

Trotzdem spielte Camping weiter eine große Rolle: Auf Turnieren mit dem Hockey-Team und auf wochenlangen Trips mit meiner Familie ans Meer. Penibel bin ich schon, aber nach fast 5 Jahren in Indonesien kann mich nichts so schnell schocken: Ich komme mit einfachsten Bädern aus – ein Loch im Boden und ein Wasserhahn ersetzen in meiner Wahlheimat allerlei Sanitärobjekte – und ich habe schon viele heruntergekommene Homestays gesehen. Daher war die Idee, Glamping auszuprobieren und Zelten mit Luxus zu kombinieren, echt mal etwas Neues für mich.


2. Glamping: Zelten wird jetzt schick!

Ein Blick ins Wörterbuch verrät: Glamping ist die Fusion aus Glamour und Camping bzw. von Urlaub in der Natur und einem Hauch Komfort. Also eine Veredelung des Zeltens! Das wollten wir nun also testen. Wir stellten uns Glamping perfekt für alle vor, die einfaches Urlauben mögen, aber manch unbequeme Aspekte vom Camping gegen etwas Luxus austauschen wollen.

2.1 Glamping in den Medien: Für die hippe Eco Crowd

Sie gelten als Inbegriff vom Glamping: Hübsch eingerichtete und fotogene Tipis im Boho-Style. Bestimmt hast du sie schon mal gesehen: Als Schauplatz hipper Festivals wie dem Coachella in Kalifornien, über das die Boulevard-Presse berichtet, oder vielleicht als Design-Inspiration auf Plattformen wie Pinterest und Instagram. Mittlerweile tauchen die Tipis sogar in Surf-Magazinen auf oder in Surfcamps, die Glamping als neues Konzept etablieren. Für die Klientel, die zwar gern zeltet, es aber trotzdem muckelig haben will.

Aus einfachen Zelten von früher sind großzügige Unterkünfte geworden, ausgestattet mit Luxus wie einem Bett mit Matratze, Teppich, Kommoden, Stromanschluss, und je nach Preisklasse sogar Kühlschrank und Klimaanlage. Alles wird nett dekoriert, etwa mit orientalischer Tagesdecke und Zimmerpalme, und fertig ist das Glamping Tipi.

Glamping Dreamsea Frankreich

Glamping Tipi von Dreamsea in Frankreich – leider nicht das Camp, das wir getestet haben…

Oft beinhalten Glamping Resorts auch gesunde Ernährung, Yoga und Erholung im Grünen. Noch besser: Alles ist fix und fertig vor Ort vorhanden, und du musst keine extra Campingutensilien wie Zelt, Geschirr und Schlafsack mitschleppen! Naja, meistens zumindest. 

2.2 Los geht’s: Warum wir Glamping ausprobierten

Peggy und ich wollten einen kleinen Surftrip machen, nur wohin war die Frage. Natürlich wäre ein Roadtrip nach Spanien oder Portugal toll gewesen, doch ich hatte nur wenig Zeit. Also mussten wir den Urlaub komprimieren und waren begeistert, sobald wir von Glamping in Kombination mit Surfen im Baskenland hörten. Warum nicht mal etwas Neues ausprobieren? Wir könnten einfach in die Sonne fliegen, schick zelten und surfen. Die Fotos von stylischen Boho-Yurten, leckerem Essen und perfekten Wellen, die in eine Bucht mit weißem Sandstrand rollen, ließen unser Herz höherschlagen. Und dem Herzen soll man ja bekanntlich folgen, richtig?

Glamping Tipis by Night

Glamping Romantik bei Nacht: Ob uns das in Nordspanien erwarten würde?

Gesagt, getan: Flüge nach Bilbao sowie Glamping-Woche an der Küste buchen, und die Busfahrt von Bilbao ins Surfparadies klären. Außerdem gönnten wir uns ein paar Tage im Hostel in Bilbao, um die Gegend zu entdecken. Im Surfcamp sollte es neben Camping-Equipment auch Surfboards geben – so sparten wir uns den Stress mit Bubble Wrap und Boardbags. Online hinterlegten wir unsere Anreisedaten und buchten den Intermediate bzw. Advanced Surfkurs, Fahrräder und Single Fins dazu. Dem Traum vom perfekten Girls-Surftrips stand also nichts im Weg! Aber es kam anders als gedacht…


3. Pleiten, Pech und Pannen: Unser Glamping-Trip in Nordspanien

Unsere Wahl fiel auf ein Glamping Surf & Yogacamp in Nordspanien, das idyllisch auf einer Klippe mit umwerfender Aussicht liegt. Auf Social Media gab der Anbieter so richtig Gas: Professionelle Bilder von Yoga, Essen, Surf Lifestyle und Camping vermitteln die perfekte Atmosphäre. Ich (Peggy) stand in demselben Ort schon mal mit meinem Auto und wusste, wie schön die Natur und die Wellen dort sein. Nur das Camp, das wir für meerdavon testen sollten, kannten wir noch nicht.

Natürlich war uns bewusst, dass Instagram & Co. nicht unbedingt der Realität entsprechen müssen – und so hatten wir uns vor der Reise sogar extra beim Anbieter erkundigt, ob wir das Versprochene auch erwarten können. Schließlich soll so eine Reise bei knappem Budget auch schön werden. Na logisch, war die Antwort der Glamping Gurus. Aufmerksamen Lesern wird aber schon aufgefallen sein, dass wir den Namen des Anbieters bewusst verschweigen – und das hat mehrere Gründe. Um’s kurz zu sagen: Alles lief gründlich schief.

In Bilbao war noch alles gut: (1) Guggenheim, (2) Innenstadt, (3) Sunset View, (4) Marie genießt den Ausblick

3.1 Anreise: Wandern mit 15 Kilo auf‘m Buckel

Unsere Anreise begann 3 Tage vor dem Glamping-Glück mit dem Flug nach Bilbao, um die Stadt zu erkunden: Besuch im Guggenheim Museum, Fahrt mit der Funicular de Artxanda für einen spektakulären Ausblick zum Sunset, und aufgezwungene Diät-Experimente, da man im Baskenland nach 16 Uhr wohl nur ein paar Pintxos isst. Die letzte Nacht in Bilbao war kurz – erst knallte im Hostel-Hochbett neben uns ein Dude zu Boden und sommerliche Hitzewallungen taten ihr übriges. Egal! Schlaf würden wir in unserem Glamping-Deluxe-Tipi mit Doppelbett ja noch genug bekommen.

Ab zum Busbahnhof mit je 20 Kilo Gepäck auf dem Rücken – weil wir, wie du später lesen wirst, neben dem bevorzugten eigenen Neoprenanzug doch einiges mitbringen mussten. Nach einer gemütlichen Fahrt teilte uns das Camp telefonisch mit, dass man uns „aus unbestimmten Gründen“ doch nicht vom Bus-Terminal abholen könne und die Teamer nicht wüssten, wo in diesem überschaubaren Ort überhaupt ein Bus halten würde. Wäre aber alles kein Problem.

Doof gelaufen mit der eigentlich versprochenen Abholung, aber bis zum Glamping-Himmel sei es nur ein 15-minütiger Fußmarsch. Hmm… ich kannte den Weg grob und war skeptisch. Vielleicht hatten die ja „just 50 minutes“ statt „just 15 minutes“ gemeint? Als sportliche Girls entschieden wir uns für den Fußmarsch. Also hoch auf den steilen Berg, beladen wie ein Soldat in der Grundausbildung.

Glamping - Fußmarsch zur Anreise

Marie grinst noch, Peggy schwächelt im Hintergrund bereits etwas

Motiviert, wie wir waren, sahen wir den „Spaziergang“ als Vorbereitungs-Training an. Klingt es überraschend, dass wir statt 15 dann doch 50 Minuten brauchten? Nachdem wir die erste Lektion des Surf-Wehrdienstes abgeleistet und uns fix und foxy auf das Camp-Gelände geschleppt haben, konnten wir nicht viel Mitgefühl verspüren. Nix mit den angepriesenen Erfrischungsgetränken. Und die Einweisung fiel sehr spärlich aus, weil wir ja nicht mit dem „Ferienlager-Bus“ angereist waren.

3.2 Glamping Dorf: Ein netter Kessel Buntes

„Surf and Yoga Retreat – where surfers from all over the world come together.“ So stand es auf dem Banner, das wir nach unserer Ankunft im Glamping-Dorf als erstes sahen. Klasse, hier müssen wir richtig sein! Die mit Bambuszäunen voneinander abgeschirmten Tipis sahen süß eingerichtet aus, dazwischen standen einige normale Zelte und Vans. Herz des Camps war offensichtlich die Bar, dekoriert mit Pflanzen und Lichterketten, davor luden Hängematten, Balance Boards und eine Chill Out Area zum Vergnügen ein. Außerdem hatte man vom Camp aus direkten Blick auf die Wellen und den Sonnenuntergang. It could be worse!

Glamping Views: (1) Aussicht vom Camp, (2) junge Camp Crowd, (3) Peggy mit der Bar im Hintergrund, (4) Weg zum Spot

Am Hang unter unserem Camp war noch ein anderes Surfcamp angesiedelt, darüber das Waschhaus. Nach und nach lernten wir die anderen Bewohner kennen und uns wurde klar, eventuell auf einer niederländisch-belgischen Abi-Reise gelandet zu sein. Na prima, das konnte ja was werden! Mit unseren Mitte-Ende 20 hoben wir Altersdurchschnitt auf maximal 21 an und waren bis auf wenige Ausnahmen scheinbar die Einzigen, die schon einmal ein Surfboard unter den Füßen hatten. Ist auch ok ­– ein Surfcamp ist zum Lernen da. Das wollten wir ja auch!

3.3 Glamping Zelt: Eine bescheidene Hütte

Glamping-Bilder auf Instagram und Co. erwecken den Eindruck, man würde durch die Tür der Tardis von Dr. Who gehen: Vom Eingang fotografiert sieht das Innere unerwartet groß aus, als könnten Schlafzimmer und Wohnzimmer in einem Zelt unterkommen. So wirkten die Tipis von unserem Glamping-Dorf mit hippen Möbelstücken, orientalischer Deko, Teppich, gemusterten Tagesdecken und Grünzeug in Makramee-Aufhängungen sehr einladend.

Tatsächlich kam auf ersten Blick alles nah an die Social Media Realität heran. Ein Holztor bot Zutritt zum großräumigen Tipi mit Ehebett, Sofa und Bastsessel, zwei kleinen Wäscheständern und Nachttischen mit Lampen. Spärliche Deko, aber ein paar Pflanzen. Bei genauerem Hinsehen kam leider viel Dreck zum Vorschein – mehr als der übliche Sand, der schon mal ins Zelt kommen kann.

Von wegen Glamping – offenbar war unser Tipi lange nicht geputzt worden. Selbst das Billo-Hostelzimmer in Bilbao war sauberer gewesen! Ohne Schuhe eintreten ging nicht, also schwangen wir selbst Besen und Kehrblech. Vom Personal wurden wir nur belächelt. Erst am Ankunftsort stehengelassen und nun das. Langsam waren wir echt angepisst!

Gamping Tipi: (1) Unser Zelt von außen, (2) Blick ins Zelt, (3) Entdeck the Dreck, (4) Nachbar-Tipi als Dorm

Später stellte sich heraus, dass alle abreisenden Gäste ihr Zelt selbst reinigen müssen. Schöne Idee, aber weder hatten sich unsere Vorgänger daran gehalten noch war jemandem vom Camp der Schmutz aufgefallen. Auch um Bettwäsche und Geschirr sollten sich die Gäste selbst kümmern. Dummerweise hatte uns keiner gesagt, dass es pro Bett eine 3 Meter breite Bettdecke gab. Unser Standard-Bettzeug in doppelter Ausführung hatten wir vollkommen umsonst nach Spanien den Berg hochgeschleppt. Das Personal schlug uns vor, ohne Decke und im Jogginganzug zu schlafen.

Auf der schicken Bastbank, platziert auf einer vollgesifften Kunstfelldecke, lag Geschirr und Besteck, ebenfalls nicht siff-frei. Stattdessen benutzten wir unser eigenes Zeug. Da die versprochene Kleiderstange fehlte, breiteten wir  Klamotten auf dem Boden aus. Immerhin war im Zelt genug Platz für Morning Yoga Sessions 😉

3.4 Surf: Heiter bis wolkig

Vor der Anreise konnten wir uns je nach Surflevel in 3 Gruppen einschreiben. Fanden wir super, schließlich zeugte es von hochwertigem Surf-Unterricht, der eine Verbesserung der Skills verspricht. Vor Ort wurden die Gäste wirklich in Gruppen eingeteilt. Als wir am ersten Abend die Teilnehmerinnen unserer Gruppe kennenlernten, wurde aber klar: Man hatte sie höchstens nach Anfangsbuchstaben der Vornamen, aber nicht nach Surflevel eingeteilt. Wir waren die einzigen, die vor der Glamping-Woche schon mal surfen waren. Wie die Surfkurse am nächsten Tag laufen würden, konnten wir uns lebhaft vorstellen. Ooommm… Wir blieben unvoreingenommen und glaubten an das Gute.

Willkommen im Anfängerkurs

Der Surfunterricht fand täglich für 3 Stunden zu verschiedenen Uhrzeiten statt. Positiv fanden wir die Auswahl und Qualität der ausleihbaren Surfboards ­– Hard und Soft Tops in verschiedenen Shapes. Morgens wurden sie an den Strand gefahren und abends wieder zurückgebracht, um den Gästen bei der Hitze einen endlos langen Ab- und Aufstieg mit „Sperrgepäck“ zu ersparen. Aaaber…

Natürlich gab es im Surfkurs keine Unterscheidung in Surflevels. Von wegen Intermediate und Advanced: Willkommen zum Pop-up Training! Gewissenhaft wurde in allen Gruppen auf eine Aufwärmung verzichtet – schließlich sei es ja warm genug. Andere und gute Surfschulen würden sich natürlich vor der Session aufwärmen, um Verletzungen zu vermeiden. Aber keine Sorge, Marie und ich wärmten uns dann eben eigenständig auf.

Bretterauswahl: (1) Zwangsverordnetes Foamie, (2) später erkämpftes Twinnie, (3) lecker Essen nach der Session

Zum Kursbeginn wiesen wir sachte darauf hin, die Fortgeschrittenen-Levels gebucht zu haben. Laut der 17-Jährigen und Contest-erprobten Surflehrerin kein Problem: Sie würde uns einfach so ein paar Tipps geben. Außerdem könnten wir auf eigene Faust in die Close Outs hinaus paddeln. Erster Tag, wir ließen es ruhig angehen. Anschließend bot die Surflehrerin Marie freundlich an, nach der Arbeitszeit nochmal mit ihr surfen zu gehen. Irgendwie klang diese Einladung für uns eher nach einer Herausforderung, um abzuchecken, was Marie wirklich draufhat. Das Einzige an dem Tag sinnvolle kürzere Brett, ein 5’something Twinnie, durfte sie nicht surfen – es war nur ein Foamie erlaubt.

Oh snap… Shit happens!

Geplagt von inneren Konflikten entschieden wir, dass der Surfkurs uns nicht weiterbringen würde. Stattdessen gingen wir vor dem Frühstück alleine surfen und trugen die Bretter lieber selbst den steilen Treppenpfad zum Beachbreak hinunter. Spätestens seit der Anreise waren wir schließlich Meister im Schleppen schwerer Fracht 😉 In der regulären Surfkurs-Zeit gingen wir Eis essen.

Die anderen cool Kids lagen den ganzen Tag mit ein paar Bierchen am Beach und warteten, bis ihre Surfgruppe dran war. Manche fielen bereits am dritten Tag mit Rückenschmerzen aus – sie hätten nicht gedacht, dass Surfen so anstrengend sei. Ist halt doch nicht so easy wie der Fatburner-Kurs im Fitti!

Free Surfing: (1) Ja, sie kann's wirklich – Marie auf ihrem eigenen Single Fin, (2) Oh-Snap-Gesicht beim Eisessen während der regulären Surfkurs-Zeit, (3) Peggy beim Spotcheck

Aus der guten Bretterauswahl schnappte sich Marie, die schon viele Jahre longboardet, das schöne aber ziemlich weich geshapte Log. Es kam, wie es kommen musste: Zur falschen Zeit am falschen Ort snappte sie es in der Mitte und konnte nur noch auf zwei Hälften an den Strand bodyboarden. Das Geheule der Crew war groß, schließlich war es das Lieblingsbrett der Angestellten gewesen. Marie entschuldigte sich, erkundigte sich nach der Versicherung und einer Möglichkeit, den Schaden auszugleichen. Durch dumme Sprüche vom Team und Instagram Stories vom Unglück kippte unsere Stimmung aber merklich.

Spaß in kleinen Wellen 

Ich (Marie) bin durch die Wellenqualität Indonesiens echt verwöhnt und war nicht grenzenlos vom Surf überzeugt. Vielleicht hatten wir im Spätsommer aber einfach nicht die besten Tage erwischt. Am Anfang gab es mit Shorebreak Close-Outs nur auf den Deckel, später erlebten wir noch ein paar größere und etwas cleanere Tage. Der letzte Tag war herrlich für alle, die auch in kleineren Wellen Spaß haben: Strahlende Sonne und glassy kniehohe Wellen, die wir mit riesigen Foamies surften. Wer größere und konstantere Konditionen braucht, sollte seinen Surftrip ins spanische Baskenland eher für den Herbst einplanen.

Wellen am baskischen Homespot: (1) Morning View und (2) Evening View

3.5 Glamping Programm: Rainbow-Tours 2.0

Erinnerst du dich noch an Rainbow Tours? Die Partybusse, die Horden feierwütiger Youngster in den Schul- oder Semesterferien an die Küste karren, um einen auf Ballermann zu machen? Genau auf diese Klientel war das Rahmenprogramm des Glamping Camps scheinbar ausgelegt. Uns war vorher schon klar, dass ein bisschen Animation und Feiern dabei sein würden. Nur nicht in welchem Ausmaß und vor allem auf welchem (untersten) Niveau, das nur zu den schlimmsten Party-Trash-Dokus passt. Surfen war da eher zweitrangig.

Saufen, saufen, saufen

Versteh uns nicht falsch: Marie und ich sind auf jeden Fall Partypeitschen, aber mit ein paar Ansprüchen. Bei einem Glamping-Surfurlaub erwarteten wir genau das, was der Name sagt, nämlich gediegen Zelten, viel Surfen, und ein passendes Rahmenprogramm. In der Realität standen Saufen und Party, teils „getarnt“ durch alberne Aktivitäten, auf Platz 1 der To-Do Liste. Die wurde jeden Tag auf einer schönen Tafel (natürlich im Surfer Style!) niedergeschrieben. Neben Terminen für die Surfgruppen stand in unserer Woche Folgendes an:

  • Samstag: Speed Dating (Kennenlernrunde mit Trinkspielen)
  • Sonntag: spontanes freies Trinken in der Umgebung
  • Montag: Disco Fever (Kostüm-Party mit viel Promille)
  • Dienstag: (Boozy) Dinner on the Beach
  • Mittwoch: Let’s go Local (beschwipste Party in Txuleta)
  • Donnerstag: Partynacht in San Sebastian
  • Freitag: Hungover Surf Contest, Party-Fotos der Woche sichten & Drink Battle of the Sexes
Glamping Programm

Glamping Programm und unsere hysterische Begeisterung… nicht

Glamping Programm und unsere hysterische Begeisterung… nicht

Jeden Tag wurde im „Surfcamp“ lautstark bis weit nach Mitternacht gefeiert, danach gab‘s Ärger vom benachbarten Campingplatz. Deshalb wurde der Partymarathon an drei Tagen in der Woche zusätzlich nach auswärts verlegt. Natürlich war beim Festschmaus in einem landestypischen Restaurant all-inclusive Alkohol dabei. Wer danach noch laufen konnte, ließ sich vom Team in die örtlichen Bars bugsieren. Mit dem Hinweis, es sei eine sehenswerte Stadt, wurde auch San Sebastian angesteuert – mit dem Zug um 20 Uhr. Das Sightseeing beinhaltete Vorglühen in einer Lounge unter dem Club, der um 2 Uhr nachts seine Pforten öffnete.

Jeden Tag wurden die Gäste also mit genügend Alkohol versorgt und schon am ersten Abend motiviert, ordentlich zu bechern. Um am nächsten Morgen debil-grinsend sagen zu können: „Ich weiß zwar nichts mehr, aber war geil!“ Der viele Rest-Alk hinderte ein wenig am Surfen lernen, aber so what – merkt auf den Fotos für Zuhause ja eh keiner!

Saufen Stock

Ooopsie, wieder ein paar Hirnzellen und Surf Skills weggesoffen

Fremdschäm-Alarm: Peinliche Partyspielchen

Für uns waren die Abende am besten, an denen die Feier Crowd ausging und wir „Hänger“ zuhause bleiben konnten. Dann wurde ein Fernseher aufgebaut und es gab Filmchen unter freiem Himmel. Mit Pizza, Eistee, Keksen und Blick auf den Sonnenuntergang. So hatte man wenigstens die Chance, am nächsten Tag halbwegs fit ins Wasser zu kommen.

Sonst ging das Ferienlager-Unterhaltungs-Programm bis spät nachts und unser Glamping-Tipi stand gefühlt auf der Tanzfläche. Trotz bequemem Doppelbett war dann nix mit ruhigen Nächten inklusive Vogelgezwitscher und Grillenzirpen, wie wir es uns so schön ausgemalt hatten. Morgens war auch schon relativ früh Alarm, was Marie und mich aber nicht störte. Wir schlichen uns zur Morning Surf Session – denn wir waren ja zum Surfen ins selbsterklärte „Surfcamp“ gekommen – und bekamen nichts von den Partyleichen mit. Abends konnten wir uns den peinlichen Spielchen aber zumindest als Zuschauer leider nicht entziehen… Beispiel zum Fremdschämen gefällig?

Beim „Battle of the Sexes“ ging es darum, ob die Mädels oder die Jungs den heißeren Lap Dance abliefern – auf dem Schoß des Camp-Managers oder einer weiblichen Mitarbeiterin. Dabei konnte man natürlich auch prima saufen und klarmachen, bei wem man die Nacht im Zelt verbringt.

Glamping - Bae watchImmerhin, es gab auch einen internen Surf Contest, den die meisten völlig verkatert antraten. Und so holten wir als „Trink-Luschen“ die ersten beide Plätze, und wurden mit irren Preisen belohnt: Ein Werbe-Käppi, Surfwax und ein Freigetränk. Der eigentlich fette Gewinn in Form eines neuen Surfboards wurde aber an diejenigen verlost, die in der Glamping-Woche am meisten gesoffen hatten – und das ist leider kein Scherz.

Yoga: Steif wie ein Brett

Yoga wird großgeschrieben. Sollte man in einem Surf & Yoga Camp meinen! Peggy stellten sich als ausgebildeter Physiotherapeutin und Yogalehrerin vor Entsetzen allerdings die Nackenhaare auf. Es gab viel zu kurze, superbillige und abgenutzte Gymnastik-Matten aus dem Baumarkt. Noch schlimmer war, dass die Yoga-Lehrerin im Glamping-Dorf wohl noch nie selbst eine gute Stunde besucht geschweige denn eine Ausbildung genossen hat. Nach ihren Sessions um 8 Uhr morgens waren wir genauso steif wie vorher, aber wurden total unaufgewärmt zu verrückten Posen animiert – die auf die Halswirbelsäule gingen und sich ziemlich ungesund anfühlten. Das kann gefährlich werden!

Glamping Yoga

Sicher ist sicher: Marie und Peggy machten lieber ihr eigenes Yoga

3.6 Abreise: Need transport?! 

Alles in allem hatten Peggy und ich also das Gegenteil von unserem kleinen Instagram-Traum bekommen: Statt Boho-Surfurlaub in chilliger Camping-Atmosphäre gab‘s den Girls Surftrip gone wrong. Am Samstagmittag machten wir uns mit jeweils 20kg Gepäck auf den Rückweg zum öffentlichen Bus, um wieder von der Klippe in den Ort zu fahren. Erleichtert, eine Woche „Glamping“ voller Unentspannung hinter uns gebracht zu haben. Tja, der Bus kam nicht und wir riefen stattdessen ein Taxi. Es schaffte stolze ¾ der Strecke, weil für ein Fahrradrennen die Hälfte des Ortes gesperrt worden war. Den Rest zur Fernbushaltestelle gingen wir zu Fuß.

Dort angekommen mussten wir einsehen, dass an dem Tag nichts wie geplant laufen würde. Der Fernbus, der uns wieder nach Bilbao bringen sollte, fuhr plötzlich an irgendeiner anderen Haltestelle ab, die uns der Customer Service am Telefon auch nicht erklären konnte – und das in einem gefühlt 14,8m2 großen Ort. Wir fanden uns damit ab, das gekaufte Busticket unbenutzt als letztes Souvenir aufzuheben, und stiegen in den Zug nach Bilbao. 1,5 Stunden später waren wir wieder in der Großstadt und Zivilisation angekommen.

Glamping Abreise

Eine nicht unglückliche Peggy mit den Zugtickets

4. So wird dein Glamping (wahrscheinlich) ein Erfolg

Glamping ist und bleibt Zelten, wenn auch mit etwas mehr Komfort. Also solltest du zunächst einmal für Camping-Atmosphäre und Großraum-Waschhäuschen offen sein. Ist das alles fein für dich, dann geht es als nächstes darum, ein geeignetes Glamping-Camp zu finden. Als Surfer willst du natürlich einen Anbieter, der den Surfsport ins Angebot integriert. Pannen bei der An- und Abreise passieren manchmal einfach – aber ansonsten haben wir noch ein paar letzte Tipps für deinen Glamping Surftrip parat.

4.1 Nicht blenden lassen

Wir Menschen ticken nun mal sehr visuell und lassen uns von hübschen Bildern beeindrucken. Der Schein kann allerdings trügen! Also hol dir beim Scrollen durch die Instagram-Feeds und Webseiten der verschiedenen Glamping-Anbieter gern Reisehunger, aber bleib kritisch. Bei unserem Camp muss man rückwirkend sagen, dass es z.B. kaum authentische Bilder von den Zelten und dem Campleben gab – alles sah sehr nach gekauften Stockphotos aus.

Schau dir auf Instagram auch Privatbilder vom Camp an, die es also nicht selbst hochgeladen hat, sondern auf denen es von Besuchern markiert worden ist. Die wirst du bei einem halbwegs etablierten Anbieter ohne Probleme finden. So bekommst du vielleicht authentischere Eindrücke: Sehen die Tipis wirklich so stylo aus, oder ist es nur ein abgewracktes Zeltlager? Ist „öko“ wirklich Programm, oder gibt’s doch eher Kantinenessen auf Einweg-Plastiktellern? Und wie wichtig ist Surfen wirklich? Außerdem lernst du so gleich die Reisenden kennen, die dieses Camp anzieht.

Glamping Reality

Ist das noch Glamping oder kann das weg?

4.2 Doppelter Faktencheck!

Frag lieber einmal zu viel beim Camp deiner Wahl nach als einmal zu wenig. Und vor allem, hole mehrere Angebote ein: Es gibt mittlerweile einige Surfcamps, die Glamping anbieten, und das für jeweils ganz unterschiedliche Zielgruppen. Manche sind tatsächlich eher auf junge Partyhorden ausgelegt, wobei andere Wert auf eine ruhigere Atmosphäre legen oder sich sogar auf Familienurlaube mit Surffokus spezialisieren.

Hast du das Camp deiner Wahl gefunden, dann lohnt es sich, vor der Anreise nochmal glasklar über die mitzubringende Ausstattung zu sprechen. Klär zum Beispiel, wie groß die Matratzen und Bettdecken sind, falls du selber Bettwäsche mitbringen musst. Frag doppelt nach, ob es Geschirr und Handtücher gibt, oder ob das im Glamping-Paket enthalten ist. Damit schleppst du vielleicht nicht unnötig viel bzw. die falschen Sachen mit wie wir!

Glamping - Melon Girls

Ein Freund, ein guter Freund… macht alles besser!

4.3 Buddy mitnehmen

Die richtige Begleitung ist beim Surfen und beim Glamping schon die halbe Miete. Als Solo-Traveller kannst du zwar immer nur das machen, was du selbst gerade willst. Das auch absolut Charme! Doch mit einem Travel-Buddy an deiner Seite ist gute Gesellschaft da, selbst wenn man du im Camp vielleicht keine Menschen auf derselben Wellenlänge triffst. Außerdem sind die schönen als auch die schlechten Zeiten immer besser, wenn man sie teilt!

Falls mit deinem Buddy im Surfurlaub, egal ob beim Glamping oder in festen vier Wänden, wirklich alles nach hinten losgehen sollte, dann stell einfach einen eigenen Tagesplan auf und mach das Beste aus der Zeit am Meer! So haben wir es letztlich auch gehalten. Findet einen Berg zum Wandern, fahndet nach dem besten Eiscafe im Ort, macht Lagerfeuer am Strand – und surft, so oft es nur geht!

Hinweis: Meerdavon wurde ursprünglich von dem Glamping-Anbieter eingeladen, das Camp in Nordspanien im Gegenzug für Promo und einen (Werbe-)Artikel unentgeltlich zu testen. Weil die Erfahrungen aber so schlecht ausfielen, traten wir von diesem Deal zurück – und verzichten auf Nennung des Camps. Peggy und Marie sind auf den Reisekosten und einem etwas verhunzten Urlaub sitzengeblieben, aber haben sich die Zeit dennoch schön gemacht – und nun eine gute Story mehr parat 😉

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2 comments

Laura 3. Juli 2019 - 23:03

Danke für diesen erfrischend ehrlichen Artikel! <3

Reply
Rüdiger 7. Juli 2019 - 12:10

Super Artikel, witzig und echt frisch geschrieben. War selbst mit meiner 10jährigen Tochter letztes Jahr in Nordspanien zelten und haben übers Bodyboarden zum Surfen gefunden. Patypeitschen hihihi ich selbst bin heuer fast 50 Jahre alt und hab jede Party mitgenommen, aber das Party heute immer nur eine Bedeutung hat, nämlich sich volllaufen zu lassen, verstehe ich nicht. Werde Euren Rat befolgen und meinen Sportwagen gegen einen Bus eintauschen????und den Rest des Lebens surfen lernen, alle andern Sportarten laufen.
Bitte weiterhin solche tollen Artikel schreiben.

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